»Klang und Bild«
XII. Weimarer Tagung für Musikpädagog(inn)en
Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar
2.-4.3.2018
Tagungsprogramm
Arne Lüthke
Am ersten Märzwochenende fanden sich Musiktheoretiker*innen, Musikwissenschaftler*innen, ausübende Musiker*innen sowie Studierende der Musikhochschulen Weimar und Leipzig erneut zur Weimarer Tagung im Klostergebäude am Palais ein. Das Thema der diesjährigen Zusammenkunft waren die vielschichtigen Beziehungen von Klang und Bild. Verantwortet durch das örtliche, von Jörn Arnecke geleitete Zentrum für Musiktheorie in bewährter mitteldeutscher Kooperation (Leipzig, Halle-Wittenberg) waren sowohl im Umkreis tätige als auch weit gereiste Referierende eingeladen, wissenschaftliche, künstlerische und pädagogisch-praktische Ansätze zum Thema vorzustellen. In seiner kurzweiligen Begrüßung beleuchtete der Präsident der Weimarer Hochschule, Prof. Dr. Christoph Stölzl, das Tagungsthema aus der Sicht eines ehemaligen »Bilder- und Museumsmenschen« (Wortlaut Stölzl). Im Anschluss eröffnete Helga de la Motte-Haber (Berlin) in ihrem Eröffnungsvortrag Hören und Sehen: Synästhetische Wirkungen einen facettenreichen Überblick über die diesbezüglichen musikpsychologischen Forschungen der letzten Jahrzehnte.
Diverse auf die Praxis bezogene Beiträge waren an Pädagogen aller Couleur gerichtet. So lotete Krystoffer Dreps (Münster) in seinem Beitrag Verbildlichte Musik die Möglichkeiten und Grenzen der Transkription aktueller Musik und kommentierte in diesem Zusammenhang nützliche, teils kostenlose Software und Literatur. Stefan Rauschelbach (Weimar) stellte Möglichkeiten eines durch Bilder inspirierten Improvisierens vor und berichtete dabei von seinen Unterrichtserfahrungen als Dozent für Schulpraktisches Klavierspiel. In ihrem gemeinsamen Workshop vertieften Marianne Steffen-Wittek und Christhard Zimpel (beide Weimar) mit Hilfe von raumgreifenden Bewegungen und (imaginierten oder realen) Bildern das Bewusstsein für Klänge und musikalische Abläufe. Ganz ähnliche Impulse lieferte die Veranstaltung Musik und Bewegungsbilder von Gero Schmidt-Oberländer, der als Professor für Schulpraktisches Klavierspiel in Weimar lehrt, hier aber primär von seinem schulischen Erfahrungsschatz ausging. Auch in seinem Workshop wurde Musikverstehen, insbesondere das Erfassen formaler Abläufe, körperlich erfahrbar gemacht. Für den Erfolg eines Aufbauenden Musikunterrichts ist die stetige Entwicklung von rhythmisch-metrischen Fähigkeiten dienlich.
Im von Mathias Schillmöller (Heidelberg) angebotenen Workshop Musik-Kunst wurden das gleichnamige Konzept und Lehrmaterial vorgestellt, das als Arbeitsgrundlage für das in Baden-Württemberg von Klasse 9-12 belegbare Unterrichtsfach Musik-Kunst dient. Der Grenzbereich zwischen Kunst und Musik sowie deren wechselseitigen Beziehungen wurden an impressionistischer Malerei und Debussy exemplifiziert. Hier wäre die Partizipation von Lehrern an allgemeinbildenden Schulen, für die diese Tagung ausdrücklich auch gedacht ist, fruchtbar gewesen, um neben dem ästhetischen Mehrwert auch über Unterrichtsinhalte eines immerhin vierjährigen Unterrichts in diesem Fach sowie Aufgabenformate und Kriterien zur Bewertung von Klausuren und Abiturprüfungen zu diskutieren.
Der Tagungsüberschrift Klang und Bild entsprechend durften Beiträge zur Verbindung von Film, Video/Werbeclip und Musik nicht fehlen. Sebastian Theilig (Weimar) referierte über die Schaffung zusätzlicher Bedeutungsebenen durch Filmmusik: An einem Ausschnitt aus Troja (Regie: Wolfgang Petersen) wurden unterschiedliche Dimensionen von Bedeutung anhand der verschiedenen, für diesen Film komponierten Soundtracks von Gabriel Yared und James Horner deutlich. Florian Lutz, Intendant am Opernhaus Halle, präsentierte anhand der kürzlich in Halle uraufgeführten Oper Sacifice von Sarah Nemtsov in der Inszenierung von Dirk Laucke, wie sich Videosequenzen dergestalt integrieren lassen, dass mehrere zeitliche und räumliche Ebenen ineinander verschachtelt erscheinen. Ein von Gesine Schröder moderiertes Streitgespräch über Kriterien stimmiger Filmmusik sollte sich an Musik und Sounddesign von drei unterschiedlichen Autowerbungen entfachen. Gestritten wurde wenig; dafür konnten doch, auch unter Einbezug des Publikums, kompositorische bzw. allgemein-musikalische Strategien hinsichtlich des Marketings und der Ausrichtung einer Werbung auf eine Zielgruppe herausgearbeitet werden.
Mit künstlerischen Schaffensprozessen setzten sich verschiedene Referenten auseinander, sei es als Komponist, Maler, Pädagoge oder Musiktheoretiker. Wendelin Bitzan (Berlin) reflektierte die Wechselwirkungen zwischen Musik, Literatur und bildender Kunst im Umfeld des osteuropäischen Symbolismus mit Augenmerk auf hybriden Gattungstiteln bei Skrjabin, Medtner, Kandinsky und anderen. Viviane Waschbüsch, Education Managerin der Philharmonie Luxembourg, berichtete von einem Kompositionsprojekt für Grundschulkinder an ihrem Hause, in dessen Zentrum die Auseinandersetzung mit Neuer Musik am Beispiel von Messiaens Orchesterstück Des Canyons aux étoiles stand. Ulrich Kreppein (Marburg/Weimar), verantwortlich für den Unterricht in Satztechniken des 20./21. Jahrhunderts in Weimar, stellte sein Konzept vor, Studierende über die Auseinandersetzung mit der Tonsprache Olivier Messiaens und der Musique concrète zu eigenen Kompositionen, Klavierstücke und Geräuschcollagen aus selbst aufgenommenem Material zu führen. Der Weimarer Musikwissenschaftler und Maler Albrecht von Massow näherte sich dem Thema Klang und Bild aus der Perspektive des Malers. Im Zentrum stand dabei ein beeindruckender Bilderzyklus, der von Massows Auseinandersetzung mit den Sinfonien Gustav Mahlers widerspiegelt. Hingegen erläuterte der Komponist und Musiktheoretiker Jens Marggraf (Universität Halle-Wittenberg) mit Blick auf sein Orgelwerk Reihan, wie er »im Sehen hört« und sich von einem kunstvoll gearbeiteten Teppich und der darin verwobenen islamischen Zahlensymbolik inspirieren ließ. In einem abendlichen Konzert unter dem Motto »Rot« präsentierten Studierende eines Tonsatzkurses Kompositionen für verschiedene Besetzungen, verbunden durch verschiedene von Jörn Arnecke rezitierte Texte.
Die Tagung wurde in Kooperation mit dem Bundesverband Musikunterricht durchgeführt und ist als Fortbildung für Musiklehrer anrechenbar. Sie bietet die Möglichkeit, in entspannter Atmosphäre neue musiktheoretische Ansätze und Perspektiven kennenzulernen. Im Frühjahr 2019 wird voraussichtlich die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Veranstalter die Tagung beherbergen.
(Eine gekürzte Fassung dieses Berichtes erschien im 45. Jahrgang des Journals der Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« Leipzig.)