Die betonte Durchgangsdissonanz und ihre Bedeutung für die choralgebundene Orgelmusik Matthias Weckmanns
Valentin Richter
Die von Christoph Bernhard als Transitus irregularis bezeichnete Figur der betonten Durchgangsdissonanz wird in diesem Artikel hinsichtlich ihrer Darstellung in der historischen Musiktheorie betrachtet. Gegenstand der Untersuchungen ist dabei auch der Wandel des satztechnischen Umgangs mit dem Transitus irregularis: Formelhafte Kadenzmodelle mit Durchgangsdissonanz, die bereits im 16. Jahrhundert häufig anzutreffen sind, werden bezüglich ihrer Genese beleuchtet und Passagen, an denen eine stärkere Inszenierung dieser kontrapunktischen Figur zu beobachten ist, gegenübergestellt. Neben satztechnischen Phänomenen wird dabei vor allem die Bedeutung des Transitus irregularis für den (Personal-)Stil Matthias Weckmanns thematisiert und anhand ausgewählter choralgebundener Werke exemplarisch untersucht. Dabei wird deutlich, dass vor allem die metrische Verschiebung unbetonter Dissonanzen in Gegenschrittmodellen sowie die Häufung betonter Durchgangsdissonanzen für das Verständnis dieser Musik von besonderer Bedeutung sind.
In this article, the figure of the ›betonte Durchgangsdissonanz‹ (accentuated dissonant passing note), described by Christoph Bernhard as transitus irregularis, is examined in regard to its representation in historical music theory. The subject of the investigation is also the change in the contrapuntal treatment of the transitus irregularis: formulaic cadential models with passing dissonance, which are already frequently encountered in music of the 16th century, are examined with regard to their genesis, and contrasted with passages in which a stronger staging of this contrapuntal figure can be observed. In addition to rather technical compositional phenomena, the significance of the transitus irregularis for Matthias Weckmann’s (personal) style is examined by means of various chorale-based works. It becomes clear that the metrical shifts of unaccented dissonances in “Gegenschrittmodellen” and the accumulation of accented passing notes are of particular importance for understanding this music.
SCHLAGWORTE/KEYWORDS: Christoph Bernhard, Matthias Weckmann, Transitus irregularis, Norddeutsche Orgelschule, North German organ school
»Figuram nenne ich eine gewiße Art die Dissonantzen zu gebrauchen, daß dieselben nicht allein nicht wiederlich [sic], sondern vielmehr annehmlich werden, und des Componisten Kunst an den Tag legen.«[1]
Mit diesen Worten definiert Christoph Bernhard in seinem Tractatus compositionis augmentatus[2] seinen Begriff einer musikalischen Figur. Eine der Figuren, die Bernhard im Kontext des »Stylus gravis«[3] anführt, ist die des »Quasi-Transitus«.[4] Diese Figur wird in einem späteren Traktat Bernhards[5] auch als »Transitus Irregularis« bezeichnet. Vor allem der Begriff des Transitus irregularis hat bis weit in das 18. Jahrhundert überlebt[6] und dient bis heute in der Musiktheorie als Terminus zur Bezeichnung des betonten Durchgangs oder, genauer gesagt, der betonten Durchgangsdissonanz. Dass die Wirkung von betonten Durchgangsdissonanzen im 17. Jahrhundert auch außerhalb des deutschsprachigen Raums als besonders galt, lässt sich etwa an der 1626 publizierten Facultad Organica des spanischen Organisten Francisco Correa de Arauxo gut nachvollziehen. Arauxo macht in seinen Kompositionen dieser Sammlung mit kleinen Handsymbolen auf satztechnische Besonderheiten aufmerksam, zu denen auch der betonte Durchgang zählt (siehe Abb. 1 und Bsp. 1).
Abbildung 1: Francisco Correa de Arauxo, Facultad organica, Segundo Tiento de Quarto Tono […].[7]
Beispiel 1: Transkription des oben abgebildeten Tiento
Eben solche Durchgangsdissonanzen sind es, die sich sowohl beim theoretischen als auch praktischen Studium der Orgelwerke norddeutscher Komponisten des frühen bis mittleren 17. Jahrhunderts in Form eines besonderen klanglichen Reizes bemerkbar machen. Vor allem in der choralgebundenen Musik Matthias Weckmanns (um 1617–1674) finden sich satztechnische Charakteristika im Zusammenhang mit betonten Durchgängen. Diese Besonderheiten zu untersuchen, soll neben allgemeineren Beobachtungen zum Transitus irregularis Gegenstand des vorliegenden Textes sein.
Die Theorie der (betonten) Durchgangsdissonanz im 17. und 18. Jahrhundert
Symblema und Commissura bei Joachim Burmeister (1606)[8]
Der Wirkungsbereich Joachim Burmeisters weist eine unmittelbare geographische Nähe zu den Komponisten der Norddeutschen Orgelschule, zu deren wichtigsten Vertretern um 1600 unter anderem Hieronymous Praetorius und Johann Steffens, aus späteren Generationen dann auch Heinrich Scheidemann, Franz Tunder und Matthias Weckmann zählen, auf.[9] In seiner musikalischen Figurenlehre finden sich die Begriffe »Symblema«, »Commissura« und »Permixtio«[10] als gleichwertige Bezeichnungen der Durchgangsdissonanz. Das Symblema wird als Dissonanz auf leichter Zeit beschrieben, die sich zwischen zwei Konsonanzen auf schwerer Zeit befindet.[11] Ein Begriff für die betonte Durchgangsdissonanz, bei der die Dissonanz auf schwerer, die umliegenden Konsonanzen hingegen auf leichter Zeit stehen, lässt sich bei Burmeister nicht finden. Burmeister merkt aber an, dass einige Komponisten bei Durchgängen in kleineren Notenwerten »wegen ihres flüchtigen Charakters […] die Dissonanz an den Beginn der commissura [verlegten]«.[12] Hier scheint die weniger ›flüchtig‹ auftretende Figur der betonten Durchgangsdissonanz bereits mitgemeint zu sein. Burmeister verbindet in der Durchgangsdissonanz zwei Verwendungszwecke: »suavitate delectare« oder »energia afficere«.[13] An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob sich die Begriffe bereits auf die beiden genannten Typen der Durchgangsdissonanz beziehen. Der unbetonte Durchgang könnte, möchte man eine vorsichtige Interpretation der Begriffe wagen, den Hörer durch seine Süße erfreuen, der betonte Durchgang durch die Verweigerung eines konsonanten Ruhepunktes (an dessen Stelle eine betonte, auflösungsbedürftige und somit weitere Bewegung erzwingende Dissonanz tritt) die Energie anregen.
Der Transitus in Bernhards Tractatus compositionis augmentatus (um 1660)[14]
Matthias Weckmann steht Christoph Bernhard in besonderer Weise nahe: Bernhard war seit 1649 Sänger an der Dresdner Hofkapelle unter der Leitung von Heinrich Schütz und wurde nach seiner Anstellung als Musikdirektor in Hamburg im Jahr 1664 ein Freund Weckmanns.[15] In seinem Tractatus definiert Bernhard zunächst den üblichen Transitus wie folgt:
»Transitus […] ist: wenn zwischen 2 Consonierenden Noten, so alle beyde numero impari das Subjectum einsehen, eine dissonirende Note numero pari im nächsten Intervallo oben oder unten gleichsam durchschleichet.«[16]
Beim Transitus befindet sich die Note also auf relativ leichter Zählzeit.[17] Andersherum verhält es sich beim »Quasi-Transitus«:
»Quasi-Transitus ist, wenn eine falsche Note den Regeln des vorherigen Transitus zu wieder loco impari stehet […].»[18]
Beispiel 2 zeigt die Notenbeispiele, die Bernhard im Tractatus dieser Definition folgen lässt.
Beispiel 2: Beispiele für Quasi-Transitus bei Christoph Bernhard[19]
Äußerst bemerkenswert ist, dass Bernhard im Anschluss an diese vier Beispiele unmittelbar vier weitere Beispiele anführt, die mit den vorherigen beinahe identisch sind – nun allerdings ohne die zuvor dargestellten Quasi-Transitus (siehe Bsp. 3).
Beispiel 3: Bernhards »natürlich[e]« Versionen der »obigen Exempel«[20]
Ein Quasi-Transitus ist für Bernhard also immer die Verzierung eines schlichteren, »natürlich[en]«[21] Satzes. Er zeigt im Folgenden fünf weitere Beispiele, die er als »Exempel […] des Prenestini«,[22] also Beispiele aus dem Werk Palestrinas, bezeichnet (siehe Bsp. 4).
Beispiel 4: Zwei aufeinander folgende Dissonanzen als Resultat von Durchgängen[23]
Aus diesen beiden Beispielen wird ersichtlich, dass zwei Dissonanzen aufeinander folgen können, nämlich dann, wenn ein Quasi-Transitus auf einen üblichen Transitus folgt, oder aber, wenn die Auflösung eines Quasi-Transitus mit einem Durchgang in einer anderen Stimme zusammenfällt. Drei weitere Beispiele zeigen deutlich, dass ein Quasi-Transitus nicht nur auf Viertel-, sondern auch auf Achtelebene auftreten kann (siehe Bsp. 5).
Beispiel 5: Quasi-Transitus auf Achtelebene[24]
Der Transitus in Bernhards Bericht (vor 1676)[25]
Bernhards Ausführlicher Bericht vom Gebrauche der Con- und Dissonantien[26] stellt die Phänomene des betonten und unbetonten Transitus ebenfalls dar, weicht von der Terminologie des Tractatus allerdings ab: Der reguläre Transitus aus dem Tractatus wird nun »Transitus Regularis«, der Quasi-Transitus »Transitus Irregularis« genannt.[27] Neu ist auch eine Bemerkung über die Auflösung der dissonanten Note des Transitus irregularis, die abwärts geschehen soll und damit einem im Tractatus angeführten Beispiel widerspricht (siehe Bsp. 5). Im Bericht lässt sich außerdem erneut eine Figur namens »Quasitransitus«[28] finden. Sie entspricht allerdings nicht der Figur des Quasi-Transitus aus dem Tractatus, sondern dem Transitus inversus.[29]
Spätere Transitusbegriffe
In den Traktaten des 18. Jahrhunderts lässt sich beobachten, dass die Begriffe Transitus und Transitus irregularis sich als übliche Bezeichnungen der unbetonten und betonten Durchgangsdissonanz durchsetzen. Johann Gottfried Walther führt die Commissura und das Symblema zwar noch an, verwendet aber ebenfalls die Begriffe des Transitus und Transitus irregularis.[30] Johann David Heinichen und Johann Adolf Scheibe konzentrieren sich in ihren Traktaten auf die beiden letztgenannten Begriffe.[31] In Johann Philipp Kirnbergers Traktat Die Kunst des reinen Satzes in der Musik findet sich zusätzlich zum Transitus und dem Transitus irregularis außerdem noch der »transitus mixtus«, bei dem sich betonte und unbetonte Durchgänge abwechseln. Die Begriffe Transitus und Transitus irregularis sind laut Kirnberger die entsprechenden Bezeichnungen des »regulairen« und des »irregulaire[n] Durchgang[s] […] in der Kunstsprache«.[32] (Für eine Übersicht der Transitusbegriffe siehe Tab. 1.)
Tabelle 1: Übersicht der Transitusbegriffe in ausgewählten musiktheoretischen Schriften des 17. und 18. Jahrhunderts[33]
Der satztechnische Umgang mit dem Transitus irregularis
Betonte Durchgänge auf ornamentaler Ebene im 16. Jahrhundert
Bereits im 16. Jahrhundert sind betonte Durchgangsdissonanzen, vor allem als Verzierung etablierter Wendungen, fester Bestandteil sowohl des vokalen als auch instrumentalen Repertoires. Im Kadenzvorfeld tritt häufig ein sich in die Terz auflösender Quartdurchgang über einem sekundweise abwärts schreitenden Basston auf. Beobachten lässt sich das nicht nur in der Vokalmusik Palestrinas,[34] auch in der Tastenmusik des 16. Jahrhunderts findet sich dieses Phänomen wieder. In Tomás de Santa Marías Arte de tañer Fantasía, die eine der wichtigsten Improvisations- und Clavierschulen der Zeit darstellt, findet sich diese Art der Kadenzvorbereitung so häufig, dass sie für dessen Stil als modellhaft gelten darf (siehe Bsp. 6).
Beispiel 6: Modellhafte 4-3-Durchgänge bei Tomás de Santa María[35]
Seinen Ursprung hat dieser betonte Quart-Transitus in der Zweistimmigkeit. Der dort auftretende betonte Durchgang mit der Intervallfolge 7-8 lässt sich nicht nur bei Christoph Bernhard und Palestrina (siehe Bsp. 4), sondern auch in Orlando di Lassos Bicinien finden (siehe Bsp. 7).
Beispiel 7: Primärklauselgerüst mit betontem Durchgang im Bicinium Esurients implevit bonis von Orlando di Lasso[36]
Die mögliche Erweiterung zur Vierstimmigkeit transformiert den relativ betonten[37] Transitus 7-8 durch Hinzufügen einer Bassklausel in eben jenen Quart-Transitus.
Metrisch verschobene Gegenschrittmodelle
Oft erzeugen übliche Gegenschrittmodelle[38] durch eine metrische Verschiebung einzelner Stimmen Transitus irregulares, so etwa in einer Motette von Costanzo Festa aus dem frühen 16. Jahrhundert (siehe Bsp. 8).
Beispiel 8: Costanzo Festa, Regem archangelorum (links)[39] und konsonanter Satz durch metrische Verschiebung (rechts)
Gegenschrittmodelle bieten oft Potential für Sequenzen. In den Compositions Regeln Jan Pieterszoon Sweelincks wird dieses Potential exemplarisch sichtbar (siehe Bsp. 9).
Beispiel 9: Transitus irregulares in Jan Pieterszoon Sweelincks Compositions Regeln[40]
Das sequenzielle Potential der Gegenschrittmodelle wird vor allem ab dem frühen 17. Jahrhundert vermehrt ausgeschöpft[41] und führt dadurch zu einer Häufung von Transitus irregulares, wie sie etwa in Kompositionen Claudio Monteverdis, z. B. im »Dixit Dominus« aus seiner Marienvesper, zu beobachten sind (siehe Bsp. 10).
Beispiel 10: Gegenschrittmodell in Claudio Monteverdis »Dixit Dominus«, Marienvesper[42]
Der betonte Durchgang als musikalisches Ausdrucksmittel
»Die betonte Durchgangsdissonanz […] ist eines der unterscheidenden Merkmale des modernen Kontrapunkts.«[43] Mit diesem Satz pointiert Carl Dahlhaus in seinen Untersuchungen über die Entstehung der harmonischen Tonalität einen wichtigen Aspekt des Stilwandels um 1600: Dissonanzen werden gezielt gesucht und die Dissonanzwirkung intensiviert, um die Expressivität zu steigern. So auch in Schütz’ Madrigal »Cosi morir debb’io«: Hier wird die schwierige Situation, in der sich der aller Hoffnung beraubte (»priva d’ogni speranza«) Protagonist befindet, nicht bloß durch einen übermäßigen Dreiklang aus großer Terz (e–gis1) und kleiner Sexte (c1) bei gleichzeitig liegender Quarte (a), sondern kurz darauf auch mittels einer zusätzlichen klanglichen Härte in Form zweier Transitus irregulares dargestellt (siehe Bsp. 11).
Beispiel 11: Heinrich Schütz, Primo Libro de Madrigali, »Cosi morir debb’io«[44]
Diese Kadenz kann als eine im 17. Jahrhundert häufig anzutreffende Variante der cadenza doppia[45] betrachtet werden, für deren Bezeichnung Friedemann Brennecke den Namen »cadentia doppia duriuscula« vorschlägt.[46] Bei dieser Variante steht anstelle des Quartsextakkords ein Sextakkord, der in den Oberstimmen je nach Lage der Stimmen entweder eine übermäßige Quinte – von Bernhard als »Quinta superflua«[47] bezeichnet – oder eine verminderte Quarte, die »Quarta deficiens«,[48] beinhaltet (siehe Bsp. 12).
Beispiel 12: Übliche Doppia-Kadenz (links) und Doppia-Variante mit übermäßiger Quinte oder verminderter Quarte (rechts)
Die betonten Durchgänge in den beiden unteren Mittelstimmen verstärken zusätzlich die Dissonanzwirkung. Der Transitus irregularis unterstützt die Wirkung des Textes, indem er einen bereits dissonanzreichen Satz weiter schärft.
Der Transitus irregularis in den choralgebundenen Werken Matthias Weckmanns
Der Transitus irregularis in Verbindung mit Quarta deficiens und Quinta superflua
Satztechnische Charakteristika, wie sie bei Schütz anzutreffen sind, lassen sich im Laufe des 17. Jahrhunderts zunehmend auch in der Instrumentalmusik ohne Textbezug finden. Der von Heinrich Schütz »persönlich nach Hamburg«[49] begleitete Matthias Weckmann schreibt in seinem Magnificat Secundi Toni im Abstand einer Minima gleich zweimal einen Klang mit großer Terz und kleiner Sexte (siehe Bsp. 13).
Beispiel 13: Matthias Weckmann, Magnificat Secundi Toni, Tertius Versus, T. 35 f.[50]
Um die satztechnischen Besonderheiten dieses Beispiels besser darstellen zu können, lohnt sich die Anfertigung eines hypothetischen und von Dissonanzen ›befreiten‹ Gerüstsatzes (siehe Bsp. 14).
Beispiel 14: Hypothetischer Gerüstsatz 1
Legt man diesen Satz zugrunde, so ist das b1, das zusammen mit dem fis im Cantus firmus erklingt (y), ein dissonanter Zusatz zu dem eigentlich konsonanten 3-5-Klang über dem Basston d. Eine weitere Möglichkeit, Weckmanns Dissonanzbehandlung nachzuvollziehen, bestünde darin, die Sexte b1 am Punkt y als konsonant, die Quinte a als dissonant aufzufassen. Christoph Bernhard merkt in seinem Tractatus an, dass verminderte Quarten zwischen den Mittel- und Oberstimmen »wie andere Quarten gebraucht werden«.[51] Es wäre also auch denkbar, über dem Basston d einen Sextakkord mit fis1 und b1 als Grundlage des Satzes anzunehmen (siehe Bsp. 15).
Beispiel 15: Hypothetischer Gerüstsatz 2
Die Folge hiervon wäre, dass das a im Tenor nicht als Konsonanz, sondern als sich nach oben auflösender Transitus irregularis in Erscheinung tritt. Beide Möglichkeiten scheinen valide und eröffnen beim Hören verschiedene Wahrnehmungen dieses Magnificat-Ausschnitts.
Der Transitus irregularis als Ergebnis motivisch-imitatorischer Stringenz
Transitus irregulares finden sich oft in Verbindung mit der Imitation eines zuvor eingeführten Motivs. Weckmanns siebter Vers der sechsstimmigen Bearbeitung des Chorals Es ist das Heil uns kommen her beginnt mit einer stufenweise steigenden Linie im Diskant im Ambitus einer Quinte. Sie wird von Alt und Tenor I[52] imitiert. Mit dem Eintritt von Tenor I beginnt der Cantus Firmus, wenig später setzt der Bass mit einer stufenweise fallenden Linie ein, bei der es sich um die Umkehrung, also eine horizontale Spiegelung, des Motivs handelt. Angehängt an die Einsätze von Diskant und Bass ist eine fallende Quarte, die stufenweise mit Achtelnoten ausgefüllt wird. Eben dieser figurierte Quartfall setzt sich im Laufe des Stücks als neues Motiv durch und erzeugt einige bemerkenswerte Durchgänge (siehe Bsp. 16, vgl. auch Bsp. 9 und 10).
Beispiel 16: Matthias Weckmann, Es ist das Heil uns kommen her, Vers 7, T. 19–27, mit ergänzter Bezifferung der aus dem Quartmotiv resultierenden Klänge[53]
7-9 und 9-7 im Kadenzkontext
In Takt 19 bleibt der Bass während der schrittweisen Auflösung des f1 in das e1 nicht stehen, sondern bewegt sich aufwärts vom e in das f. Das Resultat ist eine auf die None e–f1 folgende Septime f–e1. Dieses Phänomen stellt Bernhard bereits in seinem Tractatus in der Zweistimmigkeit dar (siehe Bsp. 4). Finden lassen sich ähnliche Vorgänge bereits im 15. und 16. Jahrhundert.[54] Im Laufe der Zeit lässt sich allerdings eine immer stärkere Inszenierung dieser satztechnischen Besonderheit feststellen, wie sie später etwa bei Johann Sebastian Bach – ebenfalls im Kadenzkontext – anzutreffen ist, unter anderem in der Loure der Frühfassung seiner Französischen Suite in G-Dur (siehe Bsp. 17).
Beispiel 17: Loure aus Johann Sebastian Bachs Französischer Suite G-Dur BWV 816/6, T. 7 f.[55]
Die Wirkung der Dissonanz ist bei Bach gegenüber Weckmann deutlich verstärkt: Die Bassstimme fällt eine Septime, statt eine Sekunde zu steigen, und betont so die Septime G–f1. Außerdem erfolgt die Auflösung erst nach einer Viertelnote und befindet sich somit metrisch auf einer vergleichsweise höheren und somit wahrnehmbareren Ebene. Das grundlegende Prinzip ist allerdings das gleiche: Wegen der ›Ungeduld‹ des Basses, der die Auflösung des Transitus irregularis nicht abwartet, bevor er sich weiter fortbewegt, entsteht mit der Auflösung eine neue Dissonanz. Dass dieses Phänomen bei Weckmann kein Einzelfall ist, zeigt sich in Takt 49 der oben genannten Choralbearbeitung, hier allerdings mit vertauschten Stimmen (siehe Bsp. 18): Statt der Intervallfolge 9-7 begegnet hier die Intervallfolge 7-9 und ist der Alt der ›Ungeduldige‹, der die Auflösung des Transitus irregularis im Tenor I abwarten müsste, wegen der Quartfigur (hier steigend statt fallend) aber zum Fortschreiten gezwungen ist.
Beispiel 18: Matthias Weckmann, Es ist das Heil uns kommen her, Vers 7, T. 49
Differenzierung verschiedener metrischer Ebenen
Dass Transitus irregulares bei Weckmann häufig auf untergeordneter metrischer Ebene auftreten, führt dazu, dass sich fast immer mehrere Ebenen vermischen. So etwa in der Mitte von Takt 20 seines Es ist das Heil uns kommen her (siehe Bsp. 19). Zu einem konventionellen Doppeldurchgang von 3-4 und 5-6 (in Diskant und Tenor II, einen liegenden Basston C angenommen) kommt nun die Quartfigur, die es zu imitieren gilt, im Bass hinzu. Das führt zu eben jener Vermischung: Der Achteldurchgang ordnet sich dem Vierteldurchgang unter und halbiert dadurch den Zählwert.
Beispiel 19: Darstellung der Transitus auf verschiedenen metrischen Ebenen in Weckmanns Es ist das Heil uns kommen her, Vers 7, T. 20
Aus dieser Vermischung resultiert gleichsam eine metrische Dreidimensionalität:
Die erste metrische Ebene entspricht dem Zählwert der halben Note. Hier ist der Satz auf dem Schlag entweder konsonant oder enthält eine regelhaft vorbereitete Dissonanz.
Die zweite metrische Ebene entspricht dem Zählwert der Viertelnote. Sie ist auf der nächstgrößeren Ebene (1.) in der Regel konsonant, dazwischen werden oft reguläre Transitus angebracht.
Die dritte metrische Ebene entspricht dem Zählwert der Achtelnote. Sie ist auf der nächstgrößeren Ebene (2.) in der Regel konsonant, dazwischen werden oft reguläre oder irreguläre Transitus angebracht.
Die Dissonanzbehandlung in diesem Beispiel Weckmanns ist der früheren Musik des 16. Jahrhunderts nicht unähnlich. Die Musik wird auf der Ebene der halben Note immer wieder geordnet, ist also konsonant oder enthält eine regelhaft vorbereitete Dissonanz. Der Unterschied zur früheren Musik besteht in einer Häufung der Dissonanzen auf kleinerer Ebene, die nicht mehr bloß als Ornament gedacht werden, sondern das gesamte Klangbild durchziehen.
Simultanität von Terz und Quarte in Weckmanns Magnificat Secundi Toni
Im dritten Vers des Magnificat Secundi Toni lässt sich eine weitere Figur im Zusammenhang mit Transitus irregulares beobachten. Es handelt sich um eine Figur, die metrische Ähnlichkeiten zur Quartfallfigur aufweist. Auch hier ist die erste Achtelnote der Figur ein Transitus irregularis, der sich aber nach oben auflöst (siehe Bsp. 20).
Beispiel 20: Matthias Weckmann, Magnificat Secundi Toni, Vers 3, T. 20–22
Diese Figur ist Resultat einer 5-6-Konsekutive in den beiden Oberstimmen, unter denen ein Quartstieg mit hochalterierter Terz gesetzt wird (beginnend mit D in der Mitte von Takt 20). Die beiden Oberstimmen imitieren sich, allerding handelt es sich im strengeren Sinn nur bei der ersten Figur um einen Transitus irregularis. Die folgenden zwei Imitationen enthalten eine betonte untere Wechselnote. Hätte auch die erste Figur eine betonte Wechselnote enthalten sollen, so hätte Weckmann die Figur von a1 statt von fis1 aus beginnen müssen, was jedoch den vorhergehenden Gang f1–fis1 unmöglich gemacht hätte. Die Kombination dieser zwei Figuren gewährleistet, dass die (relativ) betonten Dissonanzen immer die Intervallfolge 4-5 zum Bass einhalten: Durch die Unregelmäßigkeit der Figur entsteht eine Regelmäßigkeit in der Bezifferung. Weckmann scheint also bewusst die Gleichzeitigkeit von Quarte und Terz zu suchen. Bemerkenswert ist auch, dass die ersten beiden betonten Dissonanzen gleichzeitig mit einer großen Terz zum Bass erklingen. Dass Weckmann eine Vorliebe für diese Art von Reibung hat, wird bereits im ersten Vers des Magnificats deutlich (siehe Bsp. 21).[56]
Beispiel 21: Matthias Weckmann: Magnificat Secundi Toni, Vers 1, T. 7 f.
Dieses Phänomen ist keine Neuheit des 17. Jahrhunderts und lässt sich bereits in älterer italienischer Musik antreffen. Neu ist allerdings die intensivierte Wirkung der Dissonanzen im dritten Vers, die dadurch entsteht, dass Weckmann nach dem erstmaligen Zusammenklang von großer Terz und Quarte dieses Aufeinandertreffen noch zweimal wiederholt.
Der Transitus irregularis in Weckmanns O Lux Beata Trinitas
Eine bemerkenswerte Häufung von Dissonanzen und Vorhalten findet sich außerdem in Vers 6 von Weckmanns Bearbeitung des Hymnus O Lux Beata Trinitas. Dieser Vers ist auch deshalb interessant, weil er Gemeinsamkeiten mit einer Komposition Heinrich Scheidemanns, des etwa 20 Jahre älteren Organisten der Hamburger Katharinenkirche, aufweist. Bei beiden Werken liegt der Cantus firmus im Pedal. Scheidemanns Bearbeitung ist vierstimmig angelegt, Weckmanns Satz ist fünfstimmig. Scheidemann beginnt mit einer Vorimitation in den Oberstimmen, Weckmann hingegen direkt mit dem Cantus firmus. Die harmonischen Realisierungen der ersten vier Noten des Cantus firmus sind von frappierender Ähnlichkeit (siehe Bsp. 22).
Beispiel 22: Heinrich Scheidemann, O Lux Beata Trinitas (oben) und Matthias Weckmann, O Lux Beata Trinitas, Vers 6 (unten)
Bemerkenswert ist unter anderem der Quartsextakkord über dem Cantus-firmus-Ton g bei beiden Komponisten, der in dieser Form eine Seltenheit darstellt. Beide schreiben außerdem einen Septvorhalt über dem f in identischer Lage – Weckmann verschiebt diese Septime allerdings gegenüber Scheidemann um zwei Cantus-firmus-Töne nach hinten.
Insgesamt lässt sich in Scheidemanns Satz aber kein einziger Transitus irregularis finden. Die Harmonisierung der Cantus-firmus-Noten erfolgt auf der Ebene der Semibrevis hauptsächlich mit Terzquint- und Sextakkorden. Ganz anders bei Weckmanns: Sein fünfstimmiger Satz ist äußerst reich an Vorhalten, auch auf Ebene der Semibreven, häufig werden Doppelvorhalte angebracht, hinzu kommen verschiedene Transitus irregulares (siehe Bsp. 23).
Beispiel 23: Matthias Weckmann, O Lux Beata Trinitas, Vers 6, T. 13–17
Das anfangs von Weckmann eingesetzte Motiv, bestehend aus einer punktierten Minima, die sich nach einer Semibrevis nach unten auflöst, hat es hier sogar geschafft, den Cantus firmus im Pedal zu ›infizieren‹: Die Wiederholung der punktierten Note auf der jeweils vierten Semiminima des Taktes unterstützt zusätzlich die Wirkung der Transitus irregulares. Auch die Quarta deficiens, die in vorhergehenden Beispielen bereits häufig in Verbindung mit Transitus irregulares anzutreffen war, tritt hier zwischen cis1 und f1 im Takt 15 wieder auf. Auffallend ist zudem der auf den zweiten Transitus irregularis folgende Sprung e1–a1. Derartige Sprünge werden in Verbindung mit dem Transitus irregularis bereits in den Sweelinck’schen Compositions Regeln, von denen Weckmann nachweislich eine Abschrift besaß,[57] dargestellt.[58] Auch das simultane Auftreten von Sexte und Septime lässt sich hier als Resultat der Transitus irregulares beobachten. Über dem F im Pedal klingt zunächst das e2 in hoher und das d1 in tieferer Lage. Am Ende des Taktes tauschen diese beiden Noten ihre Position: Das d2 klingt nun in der Oberstimme, das e ist Transitus irregularis im Bass. Der Transitus irregularis unterstützt in dieser Komposition Weckmanns also andere Kompositionsmittel, wie die expressive (Doppel-) Vorhaltsbildung, wesentlich in ihrem musikalischen Ausdruck.
Conclusio
Aus der Analyse der Choralbearbeitungen Weckmanns ergeben sich vor allem drei Bereiche, in denen Transitus irregulares gehäuft anzutreffen sind:
im Zusammenhang mit der verminderten Quarte und der übermäßigen Quinte,
im Kadenzkontext und
im Zusammenhang mit Imitationsstrukturen und (metrisch verschobenen) Gegenschrittmodellen.
Dabei scheint der Transitus irregularis im ersten Bereich, anders als in den Madrigalen von Schütz, eine textunabhängige Expressivität zu fördern, die in ihrem Affektgehalt der Seconda pratica gegenüber gemäßigter ist und, wie Bernhard sagte, eher dazu dient, »des Componisten Kunst an den Tag zu legen«.[59] Transitus irregulares können dabei unmittelbar an der Entstehung des übermäßigen oder verminderten Intervalls beteiligt sein; Konsonanz und Dissonanz lassen sich stellenweise – etwa im Magnificat Secundi Toni – nicht mehr eindeutig unterscheiden und ermöglichen je nach Hörauffassung verschiedene Wahrnehmungen. Der Gebrauch des Transitus irregularis im Kadenzkontext fällt oft mit einer doppelten Diskantklausel (Doppia-Kadenz) zusammen. Eine Besonderheit der Musik Weckmanns lässt sich vor allem im dritten Bereich feststellen: In Es ist das Heil uns kommen her ist auffällig, dass er nicht durch die Sequenzierung eines Gegenschrittmodells, sondern durch flexiblere Imitation eines Motivs verschiedene Transitus irregulares mit immer neuen Bezifferungen und Klängen hervorbringt.
Auffallend ist außerdem, dass ein Großteil der untersuchten Transitus irregulares in Zusammenhang mit einer Quartfallfigur stehen. Das scheint daran zu liegen, dass der Rhythmus aus zwei von Viertelnoten umrahmten Achtelnoten mit Transitus irregulares auf der ersten Achtelnote eine besonders geeignete Dynamik im Sinne der Burmeister’schen »energia«[60] entfaltet: Ist die erste Viertelnote auf schwerer Zeit platziert, so gibt ein Transitus irregularis auf der ersten Achtelnote – also auf im Vergleich zur Viertelnote leichter, im Vergleich zur zweiten Achtelnote jedoch auf schwerer Zeit – einen zweiten, leichteren, aber doch spürbaren Impuls.
Die Frage, ob es sich in Hinblick auf die kompositorische Anwendung des Transitus irregularis eher um ein Merkmal des Personalstils Weckmanns oder um einen satztechnischen ›Fortschritt‹ handelt, bleibt schwierig zu beantworten. Letzteres würde einen bewussten Einsatz des Transitus irregularis, wie etwa Burmeister ihn fordert, voraussetzen. Der Transitus irregularis entwickelt seine spezielle Wirkung bei Weckmann oft aber auch dadurch, dass er, verglichen mit typischen Werken der Seconda pratica, zurückhaltender auftritt. Er erinnert in diesen Fällen – müsste man ihn mit einer der Bernhardschen Gesangsmanieren in Verbindung bringen – in seiner Erscheinungsform im Stylus gravis weniger an das »cantar d’afetto«,[61] das affektvolle Singen, als vielmehr an das schlichtere »cantar sodo«,[62] das trotz einer »Zurückhaltung vom ichlichen Ausdruck«[63] einer starken Wirkung und Fülle von Dissonanzen nicht widerspricht. Die Fülle von (Doppel-)Vorhalten, wie sie im sechsten Vers von Weckmanns O Lux Beata Trinitas zu Tage tritt, muss zweifelsohne einen großen Eindruck auf die zeitgenössischen Hörer gemacht haben. So könnte der Transitus irregularis zumindest einen kleinen Teil dazu beigetragen haben, dass, wie Johann Kortkamp berichtet, man sich beim Hören der Musik Weckmanns »des Weinens nicht enthalten« konnte.[64]
Anmerkungen
Müller-Blattau 2017, 63. | |
Im Folgenden auch kurz als Tractatus bezeichnet. | |
Müller-Blattau 2017, 63. | |
Ebd. | |
Ebd., 146. | |
Für eine Übersicht verschiedener historischer Transitusbegriffe siehe Tabelle 1. | |
Arauxo 1626, f. 45v. | |
Relevant sind hier neben der Musica Poetica (1606) außerdem Burmeisters Hypomnematum Musicae (1599) und Musica Autoschediastike (1601). | |
Burmeister wurde 1564 in Lüneburg geboren und verbrachte einen Großteil seines Lebens in Rostock, wo er 1629 starb (vgl. Ruhnke 2016). | |
Burmeister 1599, Kap. XII. Vgl. auch Burmeister 1606, 144. | |
Burmeister 1606, 144. | |
Zit. nach Ruhnke 1955, 152. | |
Ebd. | |
Zur Datierung vgl. Braun 1994, 28 f. sowie Prendl 2018, 84 f. | |
Vgl. Rampe 2017, insbesondere 13–15. | |
Müller-Blattau 2017, 64. | |
Bezüglich der ›relativen‹ Betonung vgl. auch Preuß o. J. sowie Anm. 37. | |
Müller-Blattau 2017, 65. | |
Notentext nach ebd., 64. | |
Ebd., 66. | |
Ebd. | |
Ebd. | |
Notentext nach ebd., 66. | |
Ebd. | |
Die Datierung folgt Prendl 2018, 8. Wie auch beim Tractatus ist eine genaue Datierung dieser Schrift schwierig. Vgl. außerdem Braun 1994, 28 f. | |
Hier und im Folgenden auch kurz als Bericht bezeichnet. | |
Müller-Blattau 2017, 146. | |
Ebd., 152. | |
Dieser ambivalenten Verwendung des Begriffs wegen wird die betonte Durchgangsdissonanz im Folgenden als Transitus irregularis bezeichnet. | |
Vgl. Bartel 1985, 270 f. | |
Vgl. Heinichen 1728, 259 sowie Scheibe 1745, 698. | |
Kirnberger 1774, 195. | |
Für eine Auflistung historischer Transitusfiguren vgl. auch Bartel 1985, insbesondere 263–273. | |
Für eine Auflistung verschiedener Transitus bei Palestrina vgl. Jeppesen 1925, insbesondere 103 f. | |
Beispiele für diese Durchgänge finden sich zum Beispiel in Santa María 1565, f. 67v, f. 68 und f. 69. | |
Incipit und zugrundeliegender Notentext: Lasso 1610, 2 f. Der Text ist ausgelassen, Intervalle wurden ergänzt. | |
»Relativ betont« bezieht sich hier auf die Relativität des Zählwerts. Die dissonante Septime löst sich hier nach einer Semiminima (entsprechend einer Viertelnote) auf, die Minima ist vergleichsweise betont, wenngleich sie in der Gesamtstruktur des Tempus imperfectum diminutum eine der Semibrevis untergeordnete Rolle einnimmt. Thomas Daniel bezeichnet diese Durchgänge in der Zweistimmigkeit als »Halbschwere Durchgänge« (Daniel 1997, 198). | |
Für eine Darstellung verschiedener Gegenschrittmodelle vgl. Froebe 2007. | |
Zugrundeliegender Notentext: Jeppesen 1925, 152. | |
Sweelinck 1901, 19. | |
Vgl. Froebe 2007. | |
Incipit und zugrundeliegender Notentext: Monteverdi 1610, Bassus Generalis, 10, alle übrigen Stimmen 14 f. | |
Dahlhaus 1968, 114 f. | |
Incipit und zugrundeliegender Notentext: Schütz 1611. | |
Vgl. auch Menke 2011. | |
Brennecke 2017, 33 f. | |
Müller-Blattau 2017, 61. In Sweelincks Compositions Regeln wird die übermäßige Quinte als »quinta exedens« bezeichnet (Sweelinck 1901, 23). | |
Müller-Blattau 2017, 61. Der Begriff der Quarta deficiens ist auch in Sweelincks Compositions Regeln wiederzufinden (Sweelinck 1901, 23). | |
Mattheson 1740, 394. | |
Taktzählung und Notentext der Beispiele aus Weckmanns Choralbearbeitungen orientieren sich an Weckmann 2010. | |
Müller-Blattau 2017, 69. | |
Die vier Manualstimmen werden hier der einfacheren Unterscheidung halber als Diskant, Alt, Tenor I und Tenor II bezeichnet, die zwei Pedalstimmen als Cantus firmus und Bass (Bezeichnung jeweils von unten nach oben). | |
Die Bezifferung ist unter der jeweils tiefsten Stimme notiert und folgt der Annahme, dass sowohl Manual- als auch Pedalstimmen in der gleichen Lage (beispielsweise auf 16’-Basis) erklingen. | |
Vgl. Jeppesen 1925, 141 f. sowie Beispiel 8 des vorliegenden Textes. | |
Zugrundeliegender Notentext: D-B Mus. ms. Bach P 224, https://www.bach-digital.de/receive/BachDigitalSource_source_00001135 (18.06.2024). | |
Ein gehäuftes Auftreten des Klanges aus großer Terz und Quarte lässt sich auch in Vers 6 von Es ist das Heil uns kommen her beobachten (T. 205–211). | |
Vgl. Beckmann 2009, 57. | |
Vgl. Sweelinck 1901, 26. | |
Müller-Blattau 2017, 63. | |
Ruhnke 1955, 152. Siehe auch Anm. 13. | |
Müller-Blattau 2017, 31. | |
Ebd. | |
Ebd., 15. | |
Beckmann 2005, 283. Die Bemerkung Christoph Bernhards, die Johann Kortkamp in seiner Organistenchronik anführt, bezieht sich auf eine (leider verschollene) Komposition Weckmanns, die er 1663 in Gedenken an »sein sehliges Ende« (Beckmann 2005, 283) verfasst hatte: In te Domine speravi. |
Quellen und Notenausgaben
Arauxo, Francisco Corrêa de (1626), Facultad organica, Alcalá: Arnao.
Burmeister, Joachim (1599), Hypomnematum Musicae Poeticae, Rostock: Myliander.
Burmeister, Joachim (1601), Musica Autoschediastike, Rostock: Reusnerus.
Burmeister, Joachim (1606), Musica Poetica, Rostock: Myliander.
Heinichen, Johann David (1728), Der General-Bass in der Composition, Dresden: Selbstverlag.
Kirnberger, Johann Philipp (1774), Die Kunst des reinen Satzes in der Musik, Teil 1, Berlin und Königsberg: Decker und Hartung.
Lasso, Orlando di (1610), Bicinia, Nürnberg: Fuhrmann.
Mattheson, Johann (1740), Grundlage einer Ehren-Pforte, Hamburg: Selbstverlag.
Monteverdi, Claudio (1610), Sanctissimae Virgini Missa senis vocibus ac Vesperae pluribus decantandae, Venedig: Amadino.
Müller-Blattau, Joseph (Hg.) (2017), Die Kompositionslehre Heinrich Schützens in der Fassung seines Schülers Christoph Bernhard [1926], Kassel: Bärenreiter.
Santa María, Thomás de (1565), Arte de Tañer Fantasia, Libro Primero, Valladolid: Fernandez.
Scheibe, Johann Adolph (1745), Critischer Musicus, Leipzig: Breitkopf.
Schütz, Heinrich (1611), Il Primo Libro de Madrigali, Venedig: Angelo Gardano.
Sweelinck, Jan Pieterszoon (1901), Composition Regeln (= Werken van Jan Pieterszn. Sweelinck, Bd. 10), hg. von Hermann Gehrmann, ’s-Gravenhage: Nijhoff.
Weckmann, Matthias (2010), 9 Choralbearbeitungen (= Sämtliche Orgelwerke, Bd. 1), hg. von Klaus Beckmann, Mainz: Schott.
Weitere Literatur
Bartel, Dietrich (1985), Handbuch der Musikalischen Figurenlehre, Laaber: Laaber.
Beckmann, Klaus (2005), Die Norddeutsche Schule, Bd. 1: Die Zeit der Gründerväter, 1517–1629, Mainz: Schott.
Beckmann, Klaus (2009), Die Norddeutsche Schule, Bd. 2: Blütezeit und Verfall, 1620–1755, Mainz: Schott.
Braun, Werner (1994), Deutsche Musiktheorie des 15. bis 17. Jahrhunderts, Bd. 2: Von Calvisius bis Mattheson, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Brennecke, Friedemann (2017), Quinta superflua und Quarta deficiens. Der ›übermäßige Dreiklang‹ und seine ›Verwechslungen‹ in Theorie und musikalischer Praxis des frühen 17. Jahrhunderts, Masterarbeit, Folkwang Universität der Künste. www.academia.edu/31662696 (25.02.2024)
Dahlhaus, Carl (1968), Untersuchungen über die Entstehung der harmonischen Tonalität, Kassel: Bärenreiter.
Daniel, Thomas (1997), Kontrapunkt. Eine Satzlehre zur Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts, Köln: Dohr.
Froebe, Folker (2007), »Satzmodelle des ›Contrapunto alla mente‹ und ihre Bedeutung für den Stilwandel um 1600«, Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 4/1–2, 13–55. https://doi.org/10.31751/244
Jeppesen, Knud (1925), Der Palestrinastil und die Dissonanz, Leipzig: Breitkopf & Härtel.
Menke, Johannes (2011), »Die Familie der cadenza doppia«, Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 8/3, 389–405. https://doi.org/10.31751/654
Prendl, Christoph (2018), Die Musiklehre Alessandro Pogliettis, Teil 1: Kommentar, Wilhelmshaven: Noetzel.
Preuß, Volkhardt, Vorhalt und Durchgang, Hamburg: o. J. https://www.volkhardt-preuss.de/system/files/16349/original/Vorhalt_und_Durchgang.pdf?1576962632 (25.02.2024)
Rampe, Siegbert (2017), »Matthias Weckmann zum 400. Geburtstag«, Musik und Gottesdienst 71, 11–21.
Ruhnke, Martin (1955), Joachim Burmeister. Ein Beitrag zur Musiklehre um 1600, Kassel: Bärenreiter.
Ruhnke, Martin (2016), »Burmeister, Joachim«, in: MGG Online, hg. von Laurenz Lütteken, Kassel: Bärenreiter. https://www.mgg-online.com/mgg/stable/395592 (25.02.2024)
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