Von der Musiktheorie zum Tonsatz
Zur Geschichte eines geschichtslosen Faches
Ludwig Holtmeier
Als Hugo Riemann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Lehre von den kadenziellen Funktionen formulierte, legte er den Grundstein für das, was als ›Funktionstheorie‹ zum dominierenden Paradigma harmonischer Analyse in Deutschland werden sollte. Die deutsche Riemann-Rezeption verlief in der Folge in zwei idealtypisch darstellbaren Phasen: einer ersten, zwischen 1905 und 1920, die vor allem durch die Lehrbücher und Diskussionsbeiträge von Rudolf Louis, Georg Capellen, Bernhard Ziehn, Johannes Schreyer und Eugen Schmitz u.a. bestimmt wurde, und einer zweiten, die von Ernst Kurth beherrscht wurde. Niemals – weder vorher noch nachher – ist in Deutschland mehr über Musiktheorie geschrieben worden als in den Jahren zwischen 1900 und 1930. Von diesem Reichtum blieb nach dem Zweiten Weltkrieg nicht viel übrig. Während des Nationalsozialismus trat ein früheres Teilgebiet der Musiktheorie – der sog. ›Tonsatz‹ mit seinen praktischen Inhalten – an die Stelle des Ganzen und wurde darüber hinaus von der nationalsozialistischen Volksliedideologie überformt. Unter dem Einfluß des erklärten nationalsozialistischen Anti-Intellektualismus, durch Einflüsse der Jugendbewegung, getragen vom Geist des Wandervogels (einer Bewegung, durch die fast alle deutschen Musiktheoretiker seit August Halm kulturell und gesellschaftlich sozialisiert wurden) und schließlich durch die fast vollständige Verdrängung jüdischer Theoretiker (vor allem Kurth und Schenker) entstand die deutsche ›pragmatische‹ Nachkriegs-Musiktheorie. Sie wurde im wesentlichen von den Persönlichkeiten mitgeprägt, die den Niedergang des Faches im Dritten Reich mitzuverantworten hatten (Hermann Grabner, Wilhelm Maler und Fritz Reuter), und bewahrte sich eine bis auf den heutigen Tag spürbare Theoriefeindlichkeit.
»Jugendlichen erklärt man den Funktionsbegriff am besten durch Hilfsvorstellungen wie: ›Herr Müller ist […] Schriftführer im Reichskriegerbund, Blockwalter bei der NSV, Zellenwart beim Luftschutz, Kassenwart bei Kraft durch Freude usw.« (Moser 1940, 86)
I.
Wenn eine Deutsche Gesellschaft für Musiktheorie im Jahr 2001 ihren ersten Kongreß abhält, dann wirft das Fragen auf. Warum kommt ein solcher Kongreß im Vergleich zu anderen Ländern mit fast vierzig Jahren Verspätung? Gerade in dem Land, in dessen Sprache der Großteil der geschichtsmächtigen Theorieentwürfe des vergangenen Jahrhunderts geschrieben wurde – man denke nur an Riemann, Schenker, Kurth und Schönberg? Warum bestand anscheinend über Jahrzehnte hinweg kein Bedürfnis nach fachlichem Austausch und einem hochschulübergreifenden Forum?
Liegt es an einem den Musiktheoretikern angeborenen Monadentum, das den Aufbau eines fachspezifischen Geschichtsbewußtseins unmöglich macht, wie es einem weitverbreiteten Urteil entspricht, das schon Hugo Riemanns Lehrer, der Philosoph Hermann Lotze, 1868 festhielt. Ihm fiel der »Mangel einer Tradition« auf, und irritiert notierte er, daß »jeder neue [musiktheoretische] Versuch unbekümmert um seine Vorgänger wieder in die Tiefe des eigenen Gefühls zurück[geht] und einen neuen glücklichen Griff nach dem [wagt], was andere vielleicht schon ebenso sicher oder unsicher erreicht hatten« (Lotze 1868, 494). Über hundert Jahre später beklagt auch Carl Dahlhaus einen Mangel an akademischer Kultur und Tradition: »Eine Disziplin aber, die einstweilen […] den Zugang zu akademischen Institutionen, die eine reguläre wissenschaftliche Entwicklung verbürgen, nicht fand, setzt sich unwillkürlich der Gefahr aus, zwischen Mediokrität und Sektierertum hin- und hergerissen zu werden: einer Mediokrität, die sich Konservatoriumszwecken anpaßte, und einem Sektierertum, das durch die soziale Isolierung in den Dogmatismus getrieben wurde« (Dahlhaus 1989, 30). Eine »scientific community« der Musiktheoretiker – so Dahlhaus – gebe es nicht.
Man wird Dahlhaus kaum grundsätzlich widersprechen wollen: Das einzig wirklich Kontinuierliche an der jüngeren deutschen Musiktheorie ist ihre »Unsichtbarkeit«, wie es der niederländische Musiktheoretiker Michiel Schuijer einmal formulierte (Schuijer 1997, 251), und ihre ostentative Ablehnung elementarer wissenschaftlicher und künstlerischer Präsentationsformen: von Kongressen, Veröffentlichungen bis hin zu Fachdiskussionen. Die Disziplin Musiktheorie ist ein Fach ohne Diskurs und somit ohne historisches Selbstverständnis. Wenn man aber nicht wie Lotze und Dahlhaus an eine gleichsam genetisch veranlagte Diskursunfähigkeit der deutschen Musiktheoretiker glaubt, dann muß man nach den geschichtlichen Ursachen des Sonderwegs fragen, den das Fach hierzulande eingeschlagen hat. Es wäre zu prüfen, ob sich in der Zeit, die zwischen der Feststellung Lotzes und der Meinung Dahlhaus‘ liegt, tatsächlich eine Kontinuität der Diskontinuität ausmachen läßt.
Es geht mir im folgenden um den Versuch der Rekonstruktion einer Geschichte der deutschen Musiktheorie im 20. Jahrhundert. Ich wende mich dabei dem dunkelsten Kapitel der Geschichte des Faches zu. Einer Zeit, die bis auf den heutigen Tag prägend für unser Fach ist. Es soll dabei nicht hinter den Stand einer Forschung zurückgefallen sein, die über den Enthüllungsjournalismus der ersten Phase längst hinaus ist: Es geht nicht darum, die schmutzige nationalsozialistische Wäsche von Hermann Grabner, Wilhelm Maler, Paul Schenk, Hermann Erpf oder Fritz Reuter zu waschen, sondern darum, Biographisches in einen ideen- und institutionengeschichtlichen Zusammenhang zu stellen. Es geht nicht um die vordergründige Jagd auf vermeintliche Nazis oder um persönliche Schuldzuweisungen (die derzeitige Quellenlage würde eine differenzierte Erörterung dieser Fragen gar nicht gestatten), sondern um die Verfolgung der Spuren, die der Nationalsozialismus in den Inhalten und Strukturen unserer Disziplin hinterlassen hat.
Am deutlichsten läßt sich dieser Einfluß an einer Äußerlichkeit ablesen: Nach 1945 ist an die Seite der alten ›Musiktheorie‹ der neue Begriff des ›Tonsatzes‹ getreten. Natürlich ist der Begriff des ›Tonsatzes‹ keine Erfindung der Nazis, aber im Nationalsozialismus gelingt ihm der endgültige Aufstieg zur Fachbezeichnung. In den 50er Jahren schließlich hat er an vielen Hochschulen den Begriff der Musiktheorie gänzlich verdrängt. Er ist trotz seines archaisierenden Klanges ein moderner Begriff. Er entstand nicht, wie man vermeinen könnte, im 18. Jahrhundert als Analogiebildung des gängigen ›Tonsetzers‹. Diese Aufgabe übernahm wohl der Begriff des ›Tonstücks‹. Aber seine klangliche Nähe zu Begriffen des deutschen musikalischen Barocks scheint seinen erstaunlichen Aufstieg nicht unerheblich begünstigt zu haben. Der Begriff entsteht zu Anfang des 19. Jahrhunderts, wo er eine eher ephemere Existenz führt. Ab 1900 erscheint er immer häufiger, zuerst als ein simples Synonym für ›Satz‹, bis er unter dem Einfluß der gebrauchsmusikalischen und singbewegten Strömungen zum Überbegriff der klassischen Disziplinen Kontrapunkt und Harmonielehre aufsteigt. Nach der ›Gleichschaltung‹ der Hochschulen schließlich ist der schon Mitte der 20er Jahre verhalten einsetzende Aufstieg zur Fachbezeichnung vollzogen. Es liegt auf der Hand, was der ›sachlichen‹ und ›gebrauchsmusikalischen‹ Moderne der 20er Jahre an diesem Begriff so gefiel. ›Tonsatz‹ ist gleichsam entsubjektiviert, das Gegenteil des romantischen Werkbegriffs, ›Tonsatz‹ betont das Handwerkliche, das Objektive, und vor allem ist er als archaisierender moderner Begriff unbelastet vom verhaßten 19. Jahrhundert. Seinen Höhepunkt erlebt der Begriff 1937, als Hindemith ihn in seiner Unterweisung im Tonsatz als Synonym für ›Komposition‹ einsetzt. Aus ähnlichen Gründen erfreute er sich auch im Nationalsozialismus großer Beliebtheit. Aber dort wird sein begrifflich-immanentes Protestpotential instrumentalisiert, um den verhaßten Begriff der ›Theorie‹ zu verdrängen, der dem erklärten Antiintellektualismus der Nationalsozialisten unerträglich war.
Gegen Ende des Kriegs, wahrscheinlich 1944, schrieb Hermann Grabner einen Artikel, der sich in seinem Nachlaß befindet und der meines Wissens unveröffentlicht blieb. Er beginnt mit folgenden Worten:
Das Wort ›Musiktheorie‹ ist in den letzten Jahren derart in Mißkredit geraten, daß es vielfach durch Begriffe wie ›Musiklehre‹, ›Satzlehre‹, ›Tonsatz‹ und dergleichen ersetzt wurde, die den Gegensatz zwischen einer in abstraktem mechanistischem Denken ergrauten Lehre und einem mit der Praxis in inniger Verbindung stehenden lebendigen Erfassen der Kunst zum Ausdruck bringen soll. Damit ist nun keineswegs ein in Dogmen erstarrter Begriff durch einen lebensvolleren und besseren ersetzt worden, denn die neue[n] Bezeichnungen lassen nur allzu deutlich erkennen, in welches Teilgebiet sich eine ursprünglich sehr reiche Lehre spezialisiert hat. Theorie setzt […] ein weit über die Satzlehre hinausgehendes Wissen und Beurteilungsvermögen voraus, das nur durch Studium aller Teilgebiete erworben werden kann. Theorie ist wichtigste und unerläßliche Brücke zur Werkbetrachtung, und jeder Weg, mag er nun Ziel in Werkwiedergabe, Werkeinrichtung oder Werkschöpfung haben, geht über die Werkanalyse.
Grabners Artikel trägt den Titel Zur Methode der musikalischen Analyse. Grabner versucht in diesem Text noch einmal seine Vision eines modernen, analyseorientierten Musiktheorie-Unterrichts zu formulieren, wie er es bereits in seiner Schrift Die Funktionstheorie Hugo Riemanns und ihre Bedeutung für die praktische Analyse von 1923 und seinem Lehrbuch der musikalischen Analyse von 1926 getan hatte. Was Grabner beobachtete und kritisierte, war das, was sich im Begriffswandel des Faches (Tonsatz) widerspiegelt: das Ersetzen des Ganzen durch eine Teildisziplin, das Verschwinden musiktheoretischer Reflexion und die Machtergreifung eines gebrauchsmusikalisch zubereiteten und den nationalsozialistischen Gesellschaftsbedingungen angepaßten Praxisbegriffs, kurz: das Verschwinden der ›Theorie‹ aus der Musiktheorie. Dieser kritische Text ist deshalb besonders interessant, da sein Autor für genau den Niedergang des Faches, den er hier beklagt, einsteht und Verantwortung trägt – wie neben ihm vielleicht nur noch Wilhelm Maler und Paul Schenk.
Es ist hier nicht der Raum, detailliert den Niedergang des Faches zu beschreiben. Um das ganze Ausmaß des Traditionsverlustes zu erfassen, müßte hier die Geschichte der Riemann-Rezeption en détail ausgebreitet werden. Aber ich will versuchen, eine Skizze zu zeichnen. Die deutsche Riemann-Rezeption verlief, grob gesagt, in zwei Phasen: einer ersten zwischen 1905 und 1920, die vor allem durch die Lehrbücher und Diskussionsbeiträge von Rudolf Louis, Georg Capellen, Bernhard Ziehn, Johannes Schreyer und Eugen Schmitz bestimmt wurde, und einer zweiten, die von Ernst Kurth beherrscht wurde. Idealtypisch ließen sich die beiden Phasen unter die Stichworte ›Monismus/Sechterismus‹ und ›Linearität/Psychologie‹ stellen. Niemals ist in Deutschland mehr über Musiktheorie geschrieben worden als in den Jahren zwischen 1900 und 1930. Schon die reine Quantität an Lehrbüchern, Artikeln und Streitschriften ist beeindruckend. Wenn es überhaupt je eine Zeit gab, in der man von einem genuin musiktheoretischen Diskurs sprechen konnte oder doch zumindest von einem, der gerade dabei war, sich deutlich herauszubilden, dann in dieser Zeit. Hier wird auch zum ersten Mal eine Diskussion über die Rolle und das Selbstverständnis des Faches Musiktheorie geführt. Die bisher einzige Methodik des musiktheoretischen Unterrichts von Fritz Reuter entsteht 1929. In den 20er Jahren etabliert sich auch das Fach der Gehörbildung und der musikalischen Analyse an den Konservatorien. Niemals wurde in der deutschen Musiktheorie entspannter und zivilisierter diskutiert als zwischen 1915 und 1930. Grabner, Maler, Reuter und Paul Schenk entstammen diesem Umfeld. Es genügt, Grabners Riemann-Schrift von 1923 zu lesen, um seine solide Verankerung im musiktheoretischen Diskurs der Zeit und seine souveräne Verfügung über den zeitgenössischen Kanon theoretischen Denkens zu erkennen.
II.
Was blieb von diesem reichen Leben nach 1945? »Nach dem Krieg gab es Wilhelm Maler, Wilhelm Maler und Wilhelm Maler.« Dieser Ausspruch eines der führenden Musiktheoretiker unserer Zeit faßt die Situation zusammen: Nach 1945 präsentiert sich die deutsche musiktheoretische Landschaft tatsächlich in einer verblüffenden Einheitlichkeit und erschreckenden Armut. Ich werde im folgenden kursorisch Aspekte dieses Theorieverlustes benennen:
Die beiden Musiktheoretiker, die vor dem Krieg im Mittelpunkt der deutschen theoretischen Diskussion standen, Riemann (während über 30 Jahren) und Kurth (15 Jahre lang), sind in der Musiktheorie der Nachkriegszeit fast nicht mehr präsent. Bis auf den heutigen Tag hat keine zweite Riemann- bzw. Kurth-Rezeption der deutschen Musiktheorie stattgefunden (jedenfalls keine bewußte). Von den unzähligen immer wieder aufgelegten und bearbeiteten Katechismen und Handbüchern Riemanns wird es nach dem Krieg keine einzige Neuauflage mehr geben. Riemanns Hausverlag Hesse verlegte nach dem Krieg exklusiv Grabners Handbuch der Harmonielehre, das gleichsam den ganzen Riemann ersetzt. In Malers monistischer Funktionstheorie wird nach dem Krieg nicht einmal mehr auf Riemann verwiesen. Lehrbücher, die von Kurths psychologischer Musiktheorie beeinflußt waren wie Grabners Der lineare Satz (1930), die Melodielehren von Waldemar Wöhl (1929), Ernst Toch (1923) und Karl Blessinger (1926, 1930), Reichenbachs Formenlehre (1929), um nur einige zu nennen, spielen nach 1945 keine Rolle. Die Linearitätsdiskussion wird nicht wieder aufgegriffen. Auch die vom Kurthismus stark beeinflußte ganzheitliche Musikpädagogik wird nicht weiter diskutiert, genauso wie die musikpädagogische methodische Diskussion des Faches Musiktheorie.
Heinrich Schenker spielt in der deutschen Musiktheorie nach 1945 bekanntermaßen keine Rolle mehr. Die Lehre Schenkers ist relativ spät in den deutschen musiktheoretischen Diskurs getreten (seine Harmonielehre blieb fast ohne Einfluß). Daß im Vorkriegsdeutschland aber überhaupt keine Rezeption stattgefunden habe, ist eine Legende. Blessinger, Grabner, Maler verweisen auf Schenker. Schenkersche Begriffe wie ›Prolongation‹, ›Tonikalisierung‹ etc. haben Eingang in den deutschen musiktheoretischen Diskurs gefunden. Verbreitet wurde die Lehre vor allem von den Schenker-Schülern/-Freunden Otto Vrieslander und Herman Roth, dessen Elemente der Stimmführung aus dem Jahr 1926 allein schon deshalb relativ breit rezipiert wurden, weil sie bei einem der einflußreichsten und progressivsten musiktheoretischen Verleger der Vorkriegszeit (Klett) erschienen. Die Rezeption Schenkers fiel direkt in die Kurthsche Lineraritätsdiskussion und die daraus resultierende ›Krise‹ der Harmonielehre (ein Ausdruck dieser Krise sind übrigens die Grabnersche und Malersche monistische Funktionstheorie). Die Schenkersche Lehre wäre somit durchaus auf offene Ohren gestoßen, und es gibt keine Anzeichen dafür, daß sie vor 1933 aus ideologischen oder inhaltlichen Gründen abgelehnt worden sei.
Die beherrschende und auflagenstärkste Harmonielehre der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – man nannte sie ›die‹ Harmonielehre (und sie ist meiner Meinung nach von ihrem theoretischen und stilistischen Anspruch her bis auf den heutigen Tag unübertroffen) – verschwand nach 1945 so sang- und klanglos von der Bildfläche, als habe es sie niemals gegeben. Die Rede ist von ›Louis/Thuille‹, der Harmonielehre von Rudolf Louis. Man könnte die Louissche Harmonielehre als Höhepunkt der ersten Phase der Riemannrezeption beschreiben. Sein Versuch, den Sechterschen Grundbaß und die funktionale Logik zusammenzudenken, wirkte stilbildend auf seine Nachfolger. Pointiert ließe sich sagen, daß Louis bereits 1907 das in einer praktischen Harmonielehre umsetzt, was Ernst Kurth in seinen Voraussetzungen der theoretischen Harmonik theoretisch einklagt (Kurth 1913). Noch Grabner, der später entscheidend an der Beseitigung der Louisschen Komplexität beteiligt war, fühlt sich 1923 wie selbstverständlich diesen Zielen verpflichtet: »Die gegen das Stufensystem erhobenen Einwände haben mit dem von Andreas Sorge begründeten und von Simon Sechter ausgebauten System der akkordlichen Terzkonstruktion nichts zu tun. Dem Leser wird nicht entgehen, daß die Tendenz dieses Büchleins ein Vermittlungsversuch zwischen Sechter und Riemann ist« (Grabner 1923, 6, Anm.). Louis ersetzt bzw. erweitert den Riemannschen Begriff der »Scheinkonsonanz« um den der »Auffassungsdissonanz«. Er versucht damit die konkurrierenden harmonischen Systeme auf Grundlage wahrnehmungstheoretischer Begriffe zu synthetisieren. Der Weg, den Kurth bis zu seiner Musikpsychologie weitergehen sollte, findet sich bei Louis vorgezeichnet. Hellmuth Federhofer bringt das Louissche Akkordverständnis sogar mit der Schenkerschen Schichtenlehre in Verbindung: Louis stelle heraus, daß es »akkordliche Gebilde gibt, deren Bedeutung sich nicht durch eine allenfalls mögliche Stufen- oder Funktionsbezeichnung, sondern erst aus der Erkenntnis einer schichtenmäßigen Struktur ergibt. An sich identische Akkorde können in Abhängigkeit von der Stimmführung verschiedenen Stellenwert im Satzverlauf einnehmen« (Federhofer 1981, 31). Wenn der Vergleich mit der Schenkerschen Lehre auch nur auf einer recht hohen Abstraktionsebene trägt (vgl. dazu Christensen 1982): In Louis‘ Begriffen der primären und sekundären Akkordbedeutung, der Übernahme des Sechterschen »Prolongation«-Denkens im Begriff der »Zwischenharmonien«, der primären und sekundären Fundamente und der »unausgesprochenen Modulation« erreicht funktionstheoretisches Denken eine unerreichte Differenziertheit.
Die Lehrbücher nach 1945 haben eine andere Form. Im allgemeinen pflegen sie einen anderen Stil. Verglichen mit den kurzen, knappen Anweisungen Malers, Lemacher/Schröders und Schenks und dem Grabnerschen Handbuch, wirken sogar komprimierte Harmonielehren wie die von Eugen Schmitz (1911) oder Fritz Rögely (1910) geradezu weitschweifig. Aber nicht nur die Verdrängung des Textes und das Verschwinden theoretischer Begründungen fällt auf. Auch die ›Gegenstände‹ der Harmonielehre haben sich geändert. Leitbild der Nachkriegslehren von Maler, Schenk und Grabner ist das Volkslied, das in den Harmonielehren vor 1933 zwar durchaus eine Rolle spielt, keinesfalls aber eine zentrale. Ein Großteil der Vorkriegsharmonielehren pflegt vor allem die Tradition der speziell zu Übungszwecken geschriebenen Baß- bzw. Melodielinie. Diese Tradition lebt in den romanischen Ländern ungebrochen fort. In Deutschland ist sie nach dem Krieg zugunsten des Volkslieds zwar nicht völlig beseitigt, aber doch stark zurückgedrängt worden.
Den gewandelten Stil kann man auch daran ablesen, daß die Demonstration harmonischer Sachverhalte an Notenbeispielen fast gänzlich wegfällt. Ende des 19. Jahrhunderts wird es üblich, Satzregeln anhand von Beispielen zu erläutern. Zu nennen wären hier die Akkordlehre von Joseph Leibrock (1875), ferner die Harmonie- und Modulationslehre von Bernhard Ziehn (1888). Aber auch Ebenezer Prouts Schriften (1889, 1892, 1893, 1895) sind hier als stilbildend zu nennen, später dann die Harmonielehre von Louis/Thuille. Edgardo Codazzis und Guglielmo Andreolis Manuale di Armonia (1903) enthält über 900 Notenbeispiele (Codazzi/Andreoli 1903). Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch Georg Harens Modulationslehre von 1931, die noch ganz in dieser Tradition steht, und G. Bas‘ Formenlehre von 1913 (Haren 1931; Bas 1913). Johannes Schreyer forderte in seiner populären Harmonielehre zu Beginn des Jahrhunderts am nachdrücklichsten eine analyseorientierte Harmonielehre. Der Kurthismus schließlich verstärkte diese Tendenz: Die psychologische Stilanalyse Kurths
operiert zwar mit physikalischen und psychologischen Naturgesetzen (durchaus im Sinne Riemanns), betrachtet dabei aber das geschlossene Werk eines Komponisten unter wahrnehmungstheoretischen Gesichtspunkten: Die Historisierung der Harmonielehre ist eine unmittelbare Forderung, die aus der Kurthschen Musikpsychologie erwächst. Ein besonders gutes Beispiel für eine auf Literaturbeispiele gestützte Harmonielehre ist übrigens Wilhelm Malers Beitrag zur Harmonielehre – aber dazu später.
Beherrschendes Paradigma der harmonischen Analyse nach 1945 ist die Funktionstheorie. Funktionstheorie steht gleichsam synonym für Harmonielehre. Spätestens zu Beginn der 70er Jahre, als die letzten Widerstandsnester gefallen sind (Polarismus, Stufentheorie), setzen die Studenten an fast allen Hochschulen Deutschlands Malersche Funktionszeichen unter die Akkorde. Ein Umstand übrigens, der sie – global gesehen – zu Exoten machte. Das war vor 1933 noch ganz anders: Grabner schreibt in seinem Lehrbuch von 1926: »Für die Bezeichnung der Harmonik kann man sich entweder der römischen Stufenzahlen oder der Riemannschen Funktionen bedienen. Eine bestimmte Norm soll hier nicht gegeben werden« (Grabner 1926, 4f.). Die Harmonielehre von Louis/Thuille operiert, obwohl sie durch und durch ›funktionstheoretisch‹ ist, mit Stufenzahlen, genauso wie die von Eugen Schmitz u. v. a. Tatsächlich ist es eher so, daß sich die Funktionsziffern erst gegen Ende der 20er Jahre langsam und gegen heftige Widerstände durchzusetzen beginnen.
III.
Was sind die Gründe für diesen Traditionsbruch? »Musikalisch ergab die Fortsetzung des Mahlerschen Vorganges eine totale Zersetzung unserer Musik, die zunächst ausging von jüdischen Theoretikern, wie Heinrich Schenker mit seiner sagenhaften ›Urlinie‹ und ›Substanzgemeinschaft‹ und Ernst Kohn gen. Kurth, aus dessen willkürlicher Bachdeutung jener schiefe Begriff des ›linearen Kontrapunktes‹ herausdestilliert wurde, der den Ausgangspunkt so vieler seelenlos willkürlichen Konstruktionen bildet.« Diese Passage steht in der zweiten Auflage von Karl Blessingers Judentum und Musik (Blessinger 1944, 124f.). Es ist der gleiche Münchner Blessinger, der 1933 auch die Louis/Thuillesche Harmonielehre bearbeitet hat und derjenige, der im Jahre 1931 eine Melodielehre im Geiste Kurths veröffentlichte. Mit diesem Zitat ist ein wesentlicher Grund für den Traditionsabbruch benannt: In allen einschlägigen Quellen werden Schenker und Kurth als Juden ausgewiesen. Ein Beispiel für viele mag zeigen, wie der Name Kurths ab 1933 schlagartig aus der Musiktheorie verschwand:
Als die Nazis an die Macht kamen, war Kurth der einflußreichste und wichtigste Musiktheoretiker Deutschlands. Hermann Grabner war sein treuester Anhänger. Sein theoretisches Hauptwerk Der lineare Satz (Grabner 1931) ist ein Versuch, die Kurthschen Grundlagen des linearen Kontrapunktes in ein Lehrbuch der Komposition zu verwandeln. Die Verehrung und Emphase, die aus diesem Buch spricht, in dem Kurth fast auf jeder Seite zitiert wird, berührt fast unangenehm. Kurth dankte Grabner seine Verehrung mit einer wohlwollenden bis euphorischen Besprechung. Bereits in dem Buch, das Grabner berühmt machte, in der Allgemeinen Musiklehre von 1924, wird Kurth eine herausragende Position zugewiesen. Im vierten Teil des Buches Die Grundbegriffe des Kontrapunktes wird der zweite Abschnitt mit dem Kapitel »Ernst Kurths Untersuchungen über die Bachsche Linie und ihr Vergleich mit der klassischen Melodie« eröffnet. Die Allgemeine Musiklehre repräsentiert den umfassenden musikalischen Horizont Grabners von 1923: Es enthält Notenbeispiele von Schönberg (Lieder op. 14 und op. 15), von Mahler, Braunfels, Schreker etc. Im Kapitel »Über neue Harmonik« gibt es den Paragraphen »Lockerung der Tonalität durch lineare Stimmführung«. Als Beispiel dienen zwei Ausschnitte aus Mahlers Lied von der Erde, deren »kühnste Zusammenklänge« Grabner in der Wirkung »prachtvoll« erscheinen (Grabner 1924, 136). Ähnlich äußert er sich zu Schönberg (ebenda, 137), so wie er auch in seiner Riemann-Schrift (1923) für die Neue Musik und eine Erziehung zu ästhetischer Toleranz wirbt (Grabner 1923, 13). In der dritten Auflage und der unveränderten vierten von 1942 bzw. 1943 sind die Namen und Notenbeispiele von Mendelssohn, Mahler, Schönberg, Braunfels, Louis/Thuille, Schreker und – Kurth gestrichen. Das Beispiel aus Schrekers Die Gezeichneten wird durch Joseph Haas‘ Elegien ersetzt (Grabner 1942, 141), die Mahler-Beispiele durch solche von Kornauth und Trapp, der ›verfängliche‹ Rest durch Grabner, Reuter und Pepping. Das Kapitel »Lockerung der Tonalität durch lineare Stimmführung« heißt nun: »Die Entwicklung der Harmonik bis zur Gegenwart«, und das ursprüngliche Kapitel über den Expressionismus, der nun als »Zersetzungsprozeß, der die Musik der letzten Jahrzehnte einer gefährlichen Krise zuführte« (Grabner 1942, 147) beschrieben wird, wird durch ein sehr ausgedehntes Kapitel über den Impressionismus ersetzt. Grabner prangert hier die »Beziehungslosigkeit der Atonalität« an, die man – und man achte auf die Wortwahl – »durch die spitzfindigsten Theorien wie ›lineare Stimmführung‹ […] nachzuweisen versuchte.« Das Kapitel über Kurth ist natürlich gestrichen. Dafür ist das Buch schon in der zweiten Auflage um den Teil »Grundbegriffe der Melodielehre« erweitert worden, in dem die Kurthsche Terminologie weiterlebt, ohne daß ihr Schöpfer genannt würde. Daß das Instrumentationskapitel um einen Abschnitt »Das Orchester der Infanterie und Luftwaffe« erweitert ist, sei aus folkloristischen Gründen erwähnt (und als kleiner Verweis darauf, daß es sich bei den Grabnerschen Bearbeitungen der eigenen Werke nicht um erzwungene Zugeständnisse an die herrschenden Sitten handelt).
Als Grabner seine Musiklehre 1946 zum fünften Mal wiederauflegte, übernahm er weitgehend unverändert die Auflagen der 40er Jahre. Er nimmt zwar je ein Beispiel von Mahler und Schönberg auf, mit ihrer Musik weiß er aber nicht mehr viel anzufangen. Ernst Kurth findet Erwähnung nur in einer kleinen Fußnote. In den folgenden Auflagen wird langsam die einst verdrängte Musik wieder aufgenommen – Kurth allerdings kann seine alte Position nicht mehr zurückerobern.
Die Eliminierung alles Jüdischen traf die deutsche Musiktheorie besonders hart, da drei der wirkungsmächtigsten Musiktheoretiker des Jahrhunderts Juden waren. Riemann war der einzige rezeptionsgeschichtlich bedeutende ›arische‹ Deutsche unter den großen Theoretikern des Jahrhunderts. Aber auch seine Rezeption fand im Dritten Reich ein unrühmliches Ende. Am Beispiel Louis’ und Riemanns kann man erkennen, wie tendenziell jede Theorie mit einem gewissen Anspruch untergehen mußte. Daß das Verschwinden von Louis/Thuille vorrangig politische Gründe hat, läßt sich besonders leicht daran erkennen, daß diese Harmonielehre außerhalb Deutschlands eine Traditionslinie aufweisen kann. Die Gründe, die im einzelnen dazu geführt haben, daß das Louis/Thuille-Lehrbuch aus dem deutschen musiktheoretischen Bewußtsein verschwand, sind mir nicht bekannt. Ein Hinweis ergibt sich vielleicht aus dem Umstand, daß für die 10. Auflage der Louis/Thuilleschen Harmonielehre aus dem Jahr 1933 federführend Karl Blessinger verantwortlich war, jener bereits genannte Autor von Judentum und Musik (Blessinger 1933).
Diese 10. Auflage hat aber nichts mehr mit dem Original zu tun. Es handelt sich um eine fundamentale Umarbeitung, die vor allem die Komplexität der Louis/Thuilleschen Lehre reduzieren sollte. Vor allem das komplexe Harmonieverständnis Louis’ mit seinen primären und sekundären Akkordbedeutungen sollte vereinfacht werden. Die Einführung der Funktionszeichen in den Kontext der ursprünglichen römischen Stufenzeichen ist wohl nur so zu verstehen. Wie auch immer es im einzelnen zu dieser Umarbeitung gekommen ist, die soweit ich weiß schon 1929 in Auftrag gegeben wurde: Es ist unmittelbar einsichtig, daß sich der handwerkliche, intellektuelle und sprachliche Anspruch Louis’ und seine dialektische Methode nicht mit dem auf die Elementarlehre gestellten Praxisbegriff der nationalsozialistischen Musikerziehung verbinden ließ. Hier wie in den anderen Fällen ist der eigentliche Skandal, daß Louis’ Lehre auch nach 1945 nicht wieder aufgegriffen wurde.
Paradigmatisch sei im folgenden das Schicksal der Musiktheorie in geistfeindlichen Zeiten am Beispiel der einflußreichsten deutschen Harmonielehre des 20. Jahrhunderts demonstriert, an Wilhelm Malers Beitrag zur Durmolltonalen Harmonielehre. An der Entwicklungsgeschichte dieses Buchs läßt sich darüber hinaus der übermächtige Einfluß des zentralen musiktheoretischen wie musikwissenschaftlichen Paradigmas des Nationalsozialismus aufzeigen: des Volksliedes.
Malers Lehrbuch erschien 1931 unter dem Titel Beitrag zur Harmonielehre als umfangreiches dreibändiges Werk, bestehend aus einem Textteil, einem Beispielband und einem angehängten Übungsheft. Malers Lehrbuch ist ein Beispiel für die damals diskutierte und vollzogene Abkopplung der Harmonielehre von der Kompositionslehre: Der Beitrag zur Harmonielehre ist so gesehen ein modernes und zukunftsweisendes Werk. Maler will eine Lehre der »kadenzierenden Harmonik der Durmolltonalität« schreiben, deren Gültigkeit er historisch eingrenzt. Zum weiteren Studium verweist er auf die Schriften Kurths, Schönbergs und Erpfs (Maler 1931, IV). Nicht zufällig ist das Buch gleichsam um die Notenbeispiele herum zentriert, die für ihre Zeit durchaus progressiv gewählt sind: Es finden sich Beispiele von Mahler, Strauss, Schönberg, Strawinsky, Berg, Debussy, Satie. Der Textteil steht im Dienste der Erläuterung der Beispiele. Maler beweist auch ein gehöriges Maß an Selbsteinschätzung, wenn er bekennt, daß es sich bei seinem theoretischen Versuch weniger um eine neue Methode handle als um eine »vereinfachende Sichtung und zweckmäßige Anordnung des Vorhandenen« (ebenda). Daß Maler dabei dennoch alles andere als theorielos ist, beweisen allein seine Ausführungen zum ›Sixte‹ ajoutée, in denen er sich mit der ›produktiven Umdeutung‹ des Rameauschen Begriffes durch die monistische Funktionstheorie auseinandersetzt.
Das Malersche Lehrbuch tritt seinen Siegeszug allerdings nicht in dieser Form an. Eine zweite Auflage erscheint 1941. Wiederaufgelegt wird dabei allerdings nur der dritte Teil des originalen Werkes, das sog. Übungsheft, das nun bearbeitet und erweitert unter dem Titel Praktische Übungen zur Veröffentlichung gelangt. Textband und Beispielband fallen weg. Zusammen mit diesem wiederaufgelegten Übungsband erscheint eine »Volksliedsammlung«, das sog. 1. Beiheft zu den praktischen Übungen, in dem die populären SA- und NSDAP-Gesänge nicht fehlen und das für sich allein genommen eine Art elementare Volksliedharmonielehre darstellt. 1950 kommt es schließlich zu einer dritten Auflage, in der das Malersche Lehrbuch unter Mitarbeit von Günter Bialas und Johannes Driessler die Form erhält, in der es sich verbreiten sollte. So wie Grabner seine Allgemeine Musiklehre fast unverändert läßt, greift auch Maler nicht auf sein ursprüngliches dreibändiges Konzept zurück, sondern auch bei der dritten Auflage bleibt wie bei der zweiten von 1941 das originale Übungsheft die eigentliche Grundlage. Das begleitende Liederbuch fällt nun allerdings weg. Die Lieder werden direkt in das Übungsbuch integriert. 1957 ist mit der vierten Auflage der Entwicklungsprozeß endgültig abgeschlossen: Das Buch heißt nun Beitrag zur Durmolltonalen Harmonielehre: Der einstige praktische Anhang ist an die Stelle des Ganzen getreten.
1960 veröffentlicht Maler schließlich eine zweite Auflage des Beispielbandes. Seine Beteuerung im Vorwort, »daß die zuerst vergriffene Beispielsammlung zwischen 1933 und 1945 wegen der ›Unerwünschtheit‹ oder ›Untragbarkeit‹ eines großen Teils der Notenzitate nicht wieder erscheinen konnte«, erklärt nicht, warum eine zweite, übrigens deutlich entmodernifizierte Auflage erst 15 Jahre nach Kriegsende erschien.
Die Geschichte dieses Lehrwerks ist eine Metapher für die Geschichte der deutschen Musiktheorie im Dritten Reich: Wie das Lehrbuch wird auch die deutsche Musiktheorie im Laufe der Entwicklung gleichsam text- und beispiellos. Diskurs und Analyse werden verdrängt von einem neuen Praxisbegriff, dessen Leitbild das ›Volkslied‹ ist. Fast alle Theoretiker bemühen sich in der Folge, ihre Theorielosigkeit und ihre volksliedhafte Praxisnähe zu bekunden. Auch Maler gibt sich alle Mühe, richtige Gesinnung zu demonstrieren: »Es bedarf keiner Erwähnung«, schreibt er im Vorwort der zweiten Auflage von 1941, »daß diese funktionale Einstellung mit der dualistischen, wirklichkeitsfremden Konstruktion eines Hugo Riemann nichts zu tun hat, so wichtig die Anregungen gewesen sein mögen, die von ihm ausgingen.« Überhaupt distanziert Maler sich von jeglicher »musikferner Hirngymnastik«. Der letzte verbleibende Theoretiker, der nicht einem rassischen Verdikt verfällt, wird Opfer seines Intellektualismus.
Innerhalb kürzester Zeit hat sich in der Musiktheorie der neue Praxisbegriff durchgesetzt, der mit den Idealen und Leitlinien der alten Musiktheorie bricht. Überspitzt formuliert, könnte man sagen, daß das Gemeinschaftssingen der Hitlerjugend zum Paradigma einer neuen Musiktheorie geworden ist. Das Volkslied wird dabei gleichsam Überbegriff jeder musikalischen Erscheinung. Die Volksliedideologie konnte sich dabei über eine musiktheoretische Strömung stülpen, die zu Beginn der 20er Jahre infolge der Kurth- und (in eingeschränkterem Maße) Schenker-Rezeption die Melodielehre als neue Leitdisziplin entdeckte und die alte Leitdisziplin der Harmonielehre verdrängte. Ihr Motto formulierte Grabner in seinem Linearen Satz: »Denn es hat zu allen Zeiten nur eine Vormachtstellung der Melodie gegeben und wird sie auch in Zukunft geben« (Grabner 1930, 9). Die Blüten aber, die die Linearitätstheoreme nun in Verbindung mit der Volksliedästhetik trieben, konnte Grabner nicht gutheißen. 1942 schreibt er an den Psychologen Felix Krüger: »Es haben sich […] gerade von musikwissenschaftlicher Seite Ansichten in die Musiktheorie eingeschlichen, die, da sie als Axiom für den ganzen Aufbau der Methode hingenommen wurden, grundlegende Irrtümer hineintragen. Vor allem erscheint mir eine ästhetisierende Richtung viel Schaden anzurichten. Man braucht da nur zu denken an den Begriff ›Urmelodie‹! Es gibt schon fast so viele Urmelodien als Theoretiker. Der eine faßt die pentatonische Skala, der andere unsere C-Dur-Skala, der dritte das Ausbiegen vom Grundton zum Leitton, ein vierter den Quintfall als Urmelodie auf, und jeder findet seine weisliche Begründung dafür.« Zwar unterwirft sich auch Grabner im Handbuch der Harmonielehre von 1944 den Forderungen der Volksliedideologie, es läßt sich aber eine gewisse Reserve ausmachen – und sei es allein wegen der auffälligen Vermeidung aller Lieder der ›Bewegung‹.
Der Leipziger Paul Schenk hingegen ist ein Radikaler der Volksliedästhetik. Zwischen 1941 und 1943 erscheinen seine Grundbegriffe der Musik, zu denen er selbst folgenden Werbetext verfaßte:
Im Gegensatz zu den vielen bereits vorliegenden Werken ähnlichen Inhaltes wird hier ein systematischer und intellektualistischer Aufbau abgelehnt. Ausgang und Ziel des Arbeitens muß immer lebendige Musik sein. Von der Erkenntnis aus, daß die Theorie der Musik zu dienen hat und nicht umgekehrt, wird eine methodische Arbeitsweise auf der Grundlage des Singens und Hörens durchgeführt. Im Mittelpunkt Stehendes ist das Lied. Das als Beispiel verwendete Liedgut wurde fast ausschließlich den HJ-Liederbüchern »Wir Mädel singen« (Kallmeyer) und »Unser Liederbuch« (Verlag der NSDAP) entnommen. Einer Elementarmusiktheorie – eine absolute und objektive Abgrenzung dieses Begriffes dürfte schwerlich zu geben sein – wurden alle die Fragen zugehörig erachtet, die sich aus der Arbeit am Lied ergeben (Schenk 1943, 111).
Der Lehrgang verläuft tatsächlich dieser Vision entsprechend. Eine Aufgabe wie: Moduliere von C-Dur nach Hisis-Dur über das Horst-Wessel-Lied dürfte den Alltag dieser Musiktheorie bestens beschreiben. Die Verquickung von primitivem Nazitum mit der anspruchsvollen polaristischen Funktionstheorie Karg-Elerts machen dieses Lehrbuch zu einem der bizarrsten Zeugnisse der deutschen Musiktheorie. Nur am Rande sei hier erwähnt, daß auch Paul Schenk nach 1945 keine grundsätzliche Änderung seiner ästhetischen und theoretischen Überzeugungen vollzog. Er war für die ostdeutsche Musiktheorie nicht weniger einflußreich als Wilhelm Maler für die westdeutsche.
IV.
Funktionszeichen und Analyse
Die beiden Begriffe werden hier in einem Atemzug genannt, weil Grabners schließlich erfolgreich erreichtes Ziel, die Einführung der monistischen Funktionszeichen in die Hochschulmusiktheorie, nicht von seiner Idee eines modernen, analyseorientierten Unterrichts zu trennen ist. Die monistische Funktionstheorie Grabners ist auch Ausdruck einer ›Krise‹ der Harmonielehre. Trotz der Bemühungen Georg Capellens (1906), Bruno Weigls (1925), Schönbergs (1911) und Hermann Erpfs (1927) um eine zeitgenössische Harmonielehre verliert sie ihre zentrale Stellung innerhalb der Musiktheorie. In der Einschätzung, daß die Musik der Zukunft der Polyphonie gehöre, waren sich um 1920 fast alle Theoretiker einig. Schon Louis hatte 1907 das Gefühl, ein Letzter zu sein. Seine Harmonielehre endet mit den Worten: »[…] will es uns scheinen, als ob wir uns wieder mehr gewöhnten, im eigentlichen Sinne des Worts contrapunctisch, d. h. also so zu hören, daß mehrere nebeneinanderherlaufende melodische Linien in horizontaler Richtung verfolgt und die Zusammenklänge nur noch oder doch in erster Linie als zufällige Ergebnisse dieses Nebeneinanderlaufens betrachtet werden« (Louis/Thuille 1907, 416). Damit wurde die Harmonielehre zu einer historischen Disziplin: In der pädagogischen Praxis aber wird eine komplexe Harmonielehre wie die Louis’ in Frage gestellt, wenn sich der Schwerpunkt satztechnischer Arbeit auf kontrapunktisch-lineares Denken verlagert. In diesem Zusammenhang muß die Bearbeitung der Louis/Thuilleschen Harmonielehre gesehen werden. Grabner definierte die Aufgaben der Harmonielehre im Anschluß an Johannes Schreyer 1923 neu. Er schreibt: »Ist nun der Zweck des Theorieunterrichts beim Musikseminaristen nicht darin zu erblicken, die für die produktive Kunstausübung nötige Routine zu bekommen, so kann er nur darin gelegen sein, das erlernte Theoretische für reproduktive Zwecke zur Anwendung zu bringen, um in ein Kunstwerk, das er wiederzugeben hat, völlig eindringen zu können und seine zukünftigen Schüler in diese Richtung weiterzuführen. Schon daraus erhellt, daß der Hauptzweck des theoretischen Unterrichts nur die Analyse sein kann« (Grabner 1923, 2). Innerhalb dieses Konzepts müssen Grabners Bemühungen um die monistische Funktionstheorie begriffen werden: Die Funktionszeichen sollen einer radikalen Vereinfachung dienen. Grabner sieht im »funktionellen Erkennen« eines Akkordes die »Reduzierung des komplizierten Klanggebildes auf seine einfachste Form«. Die Funktionszeichen dienen der Analyse und erstreben simplifizierende Eindeutigkeit: Daß genau hier auch eine Kritik des Grabnerschen Analyseverständnisses ansetzen müßte, ist offensichtlich. Vorerst festzuhalten bleibt aber, daß die monistischen Funktionszeichen niemals als Grundlage einer entwickelten Satzlehre gedacht waren. In den Jahren nach 1933 gehen sie aber, anstatt die Analyse zu befördern, die während des Dritten Reiches keinen guten Stand hatte, eine verhängnisvolle Liaison mit der Volksliedideologie ein und werden schließlich zur Grundlage des praktischen Volksliedspiels. Die Tragik ist, daß Grabner seinen Kampf um die Funktionszeichen um so verbissener führte, je weiter ihr eigentlicher Inhalt, die Analyse, in die Ferne rückte. In dieser Zeit liegen die Ursprünge des merkwürdigen Fetischcharakters der Funktionszeichen, der bis auf den heutigen Tag die künstliche Opposition von Funktionstheorie und Stufentheorie bestimmt, die es in dieser singularischen Form niemals gegeben hat. Daß dabei der Begriff der ›Funktionstheorie‹ auch durch die ›Tonalität der Volkslied-Diskussion‹, die im Zentrum des dominierenden Musik- und Rasse-Komplexes steht, eine völkisch-nationale Aufladung erfährt – hier ›deutsche‹ Funktionstheorie, dort ›welsche‹ Stufentheorie –, eine Polarisierung, die die Vorkriegsdiskussion, der eben noch bewußt ist, daß es eine ›deutsche‹ Stufentheorie gibt, nicht kennt, kann hier nur am Rande erwähnt werden.
Trotz ihrer vermeintlichen Simplizität setzen sich die monistischen Zeichen nur langsam durch. 1940 schreibt Gerhard Wehle in seiner neuen Tonsatzlehre lapidar: »Die Stufentheorie wurde auch hier beibehalten. Die Riemannsche Funktionstheorie ist mit ihrem Dualismus absichtlich nicht verwendet worden, da sie eine Erschwerung des Unterrichtsmaterials bedeutet und der Praxis zu wenig entgegenkommt« (Wehle 1940, 13). Daß sich aufgrund des schweren Riemannschen Erbes Grabners monistische Funktionszeichen während des Nationalsozialismus nicht wirklich durchsetzen, läßt sich auch einem Brief Grabners an Maler von 1941 entnehmen: »Lieber Willi Maler […]. Es kann nur im Interesse Deines Buches liegen, wenn Du betonst, daß die Vereinfachung hauptsächlich die Befreiung der Riemannschen Doktrin vom unseligen Dualismus, dem Abwärtsdenken in Moll bedeutet. Denn die meisten Leute glauben, wenn sie solche Funktionszeichen sehen, ›Aha, Riemann! Kennen wir schon! Das ist die Methode mit den herabhängenden Mollakkorden, praktisch unbrauchbar‹. Daher ist es von Wichtigkeit, darauf hinzuweisen, daß diese Zeichen monistisch angewendet sind.« Und er stöhnt: »Es können viele Theorielehrer nicht von der braven bürgerlichen Stufenlehre loskommen.«
Warum die monistischen Funktionszeichen Grabner/Malers sich schließlich doch durchsetzten, kann ich nicht mit Gewißheit zu sagen. Auch ein Hinweis in einem Brief Grabners an Felix Krüger bietet keine hinreichende Erklärung: »Ich habe […] von einem führenden Verlag den Auftrag erhalten, eine Harmonielehre zu schreiben, die für die Hochschulen des Reiches richtunggebend sein soll und vor allem eine Vereinheitlichung der Methoden erstrebt. Denn in dieser Beziehung herrscht ja momentan ein babylonisches Gewirre, Monismus, Dualismus, Generalbaß-, Webersche und Riemannsche Bezifferung – ein unheilvolles Durcheinander!« Das Buch, von dem die Rede ist, ist das Handbuch der Harmonielehre, das 1944 erscheint, zu spät also, um noch als ›Reichsharmonielehre‹ Wirkung entfalten zu können. Von staatlicher Seite konnte Grabners Handbuch eine monopolistische Stellung nicht mehr gewährt werden. Daß die monistischen Funktionszeichen dieses Monopol schließlich dennoch errungen haben, liegt wohl ganz banal einfach daran, daß die Traditionen aller alternativen theoretischen Entwürfe, die sich ihrer Alleinherrschaft hätten entgegenstellen können, im Dritten Reich untergegangen sind.
V.
Warum haben Grabner, Maler und Schenk so gehandelt, wie sie handelten? Ich denke, man geht nicht zu weit, wenn man sie als Überzeugungstäter bezeichnet. Anhänger bzw. Mitglieder der Partei waren sie alle. Und wenn auch nicht jeder ein so eifriger Blut-und-Boden-Komponist wie Grabner war, so haben doch alle alles versucht, im Dritten Reich Karriere zu machen. Alle drei galten als Musiker der Bewegung. Grabner durfte nur aufgrund der allgemeinen Amnestie-Welle von 1948 in den Beruf zurückkehren. Malers Rettung könnte gewesen sein, daß sein Name einst versehentlich in die »Entartete Musik«-Ausstellung gelangt war.
In unserem Zusammenhang ist aber die Frage danach, warum die Musiktheoretiker in Deutschland so eifrig am Aufbau einer neuen deutschen Volksliedtheorie mitwirkten, von größerer Bedeutung. Denn auch am Niedergang der deutschen Musiktheorie wirkten sie nicht allein aus kühler karrieristischer Berechnung mit, sondern aus Überzeugung. Es hat mit dem merkwürdig schizophrenen Doppelcharakter dieser Theoretikergeneration zu tun, die gleichermaßen durch die große Musiktheorie der 20er Jahre und ihr Reflexions- und Diskurs-Potential als auch durch die politisierte Jugendbewegung nach dem Ersten Weltkrieg sozialisiert wurden. Jöde war sowohl Grabners als auch Malers ästhetische Leitfigur seit der zweiten Hälfte der 20er Jahre (vgl. Höckner 1927). Auch für die Musiktheorie bestätigt sich das, was die ausgedehnte Forschung über die Jugendbewegung bereits für viele andere Bereiche herausgearbeitet hat: Maler, Grabner, Reuter und Schenk begrüßten den Nationalsozialismus begeistert, weil es schien, als ob sich ihre gesellschaftlichen Ideale hier verwirklichen ließen. Daß sie dabei ihre eigene Identität als Musiktheoretiker opferten, wurde ihnen erst später klar. Wirklich gelitten haben darunter wohl nur Grabner und Fritz Reuter. Beide mußten bezeichnenderweise nach dem Krieg, was den Einfluß auf die praktische Musiktheorie anbelangte, hinter Maler bzw. Schenk zurücktreten. In der deutschen Hochschulmusiktheorie fand die Jugendmusikbewegung nach dem Krieg einen Raum, in dem sie noch sicher und unangefochten arbeiten konnte, als sich ihr andere Bereiche des öffentlichen Lebens zunehmend verschlossen. Daß sie später in der Lage war, sich gleichsam von innen zu reformieren, ist typisch für ihre Geschichte und bezeichnend für ihren oft zu wenig erkannten dynamischen und zu Selbstkorrektur fähigen Charakter. Eine umfassende Geschichtsschreibung müßte auch die Entwicklungsgeschichte der deutschen Musiktheorie von ihren jugendmusikalischen Wurzeln aus beschreiben, so wie sie hier vorrangig von ihren theoriegeschichtlichen Wurzeln her angegangen wurde.
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