Emanzipation der Klangfarbe
Hörstudien zu Richard Wagners und Claude Debussys Orchesterklang
Kay Westermann
Der Beitrag basiert auf Erfahrungen im Höranalyse-Unterricht unter dem speziellen Aspekt ›Klangfarbe und Instrumentation‹ im Rahmen des Studiengangs Komposition für Film und Medien. Die Klangmischung, modern gesprochen der ›Sound‹ spielt in der Filmmusik eine große Rolle. Das musiktheoretische Interesse ist daher unverändert groß, die Wurzeln dieses Phänomens aufzuspüren und zu erforschen. Wann, wo und wie vollzieht sich der Prozess der ›Emanzipation der Klangfarbe‹, also die Loslösung des Klangs von der kompositorischen Substanz, beginnt die Umkehrung von ›Erscheinung‹ und ›Wesen‹ eines Kunstwerks? Ausgehend von einem Abschnitt über Lohengrin aus Adornos Versuch über Wagner wird zunächst der Versuch einer theoretischen Begründung unternommen, so dann die methodische Umsetzung in der Unterrichtspraxis mit anderen Beispielen aus Wagners späten Opern demonstriert. Im (kürzeren) zweiten Teil meiner Ausführungen soll gezeigt werden, dass Debussy (besonders in seiner einzigen Oper) noch einen Schritt weiter gegangen ist: Klangfarbe wird zum Symbol, zum (bildhaften) Topos. Hier nimmt die Filmmusik ihren Ausgangspunkt, und diese Tendenz hält bis heute an. Beispiele aus aktuellen Filmmusiken sollen dazu die (nicht nur) stimmungsvolle Untermalung liefern.
This article describes experiences in a course on aural-analysis of timbre and instrumentation in the context of the major Composition for Film and Media. After all, the sound experience as a whole plays a central role in film music. Thus the music-theoretical interest in researching the roots of this phenomenon is potentially unlimited. When, where, and how is the process of “emancipation of timbre” implemented—that is, disengagement of sound from the compositional substance? And when, where, and how does an artwork transition from “emerging” to “being”? Based on a section on Lohengrin from Adorno’s Versuch über Wagner, an attempt is made to form a theoretical foundation, followed by a demonstration of the methodological implementation in pedagogical practice using other examples from Wagner’s later operas. The brief second part of this article illustrates that Debussy (particularly in his only opera) went a step further still: timbre becomes a symbol, a metaphorical topos. This is the starting point for film music—a tendency that continues until the present day. Examples from recent film music then provide (not only) the atmospheric accompaniment.
Hochschule für Musik und Theater München [University of Music and Theater Munich]
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