Marie Louise Göllner, The Early Symphony: 18th-Century Views on Composition and Analysis (= Veröffentlichungen des Staatlichen Instituts für Musikforschung XIV: Studien zur Geschichte der Musiktheorie 5), Hildesheim u.a.: Olms 2004
Stefan Eckert
In ihrem Buch The Early Symphony: 18th-Century Views on Composition and Analysis möchte Marie Louise Göllner am Beispiel der Symphonie »die Veränderungen und Auseinandersetzungen« darstellen, »die den theoretischen Diskurs der Zeit kennzeichnen.« Es geht ihr darum, »neue Einsichten in das musikalische Denken« des 18. Jahrhunderts zu gewinnen, das von jenem des 19. Jahrhunderts grundverschieden sei.[1] In den Worten der Herausgeber Thomas Ertelt und Heinz von Loesch: »In vier großen Kapiteln entfaltet die Autorin ausführlich, worauf sich das formtheoretische Denken des 18. Jahrhunderts erstreckte: Syntax (Kap. II), Melodie und Thema (Kap. III), Rhythmik und Metrik (Kap. IV), Harmonik und Form (Kap. V). Ein erstes Kapitel referiert allgemeine Überlegungen zur Symphonie bzw. Instrumentalmusik als eigenständigen Genres (Kap. I), die beiden letzten Kapitel unterrichten über Reflexionen zum Kompositionsprozess (Kap. VI) sowie zur konkreten Analyse einzelner Werke (Kap. VII).«[2]
In ihrer Einführung beschreibt Göllner, wie die Symphonie, die im 19. Jahrhundert als Paradigma für den raschen Aufstieg der Musik innerhalb der Hierarchie der Künste und innerhalb der Kultur insgesamt galt, zur Zeit ihrer Entstehung im frühen 18. Jahrhundert eher skeptisch und als unbeschwerte Einleitungsmusik ohne eigenen Charakter betrachtet wurde.[3] Göllner zufolge taten sich besonders die deutschen Theoretiker schwer, den bescheidenen Anspruch der Gattung mit dem ästhetischen Diktat in Übereinstimmung zu bringen, Musik habe wie alle anderen Künste der Nachahmung der Natur und damit dem Ausdruck von spezifischen Gefühlen oder Handlungen zu dienen: »Zum einen waren sie [die deutschen Theoretiker] die Erben einer langen, aus dem vorigen Jahrhundert überkommenen Tradition, die mit großen Nachdruck die Rolle der Rhetorik als geeignete Grundlage für die Künste betonte, zum anderen waren sie einer Ästhetik verpflichtet, die den neuesten musikalischen Entwicklungen entgegenstand«.[4] Theoretiker und Komponisten waren deshalb mit zwei Problemen konfrontiert: Erstens mussten sie einen Weg finden, um textlose Kompositionen dem Hörer verständlich zu machen, und zweitens mussten sie Begriffe (er)finden, mit denen die neuen Techniken beschrieben werden konnten.[5] Ausgehend von dieser Problemstellung formuliert Göllner die grundlegenden Fragen Ihrer Studie: »Wie haben sich Autoren im 18. Jahrhundert mit der Instrumentalmusik und dem Kompositionsprozess auseinandergesetzt? Welche ihrer Ideen führten die theoretische Tradition der Vergangenheit fort und welche hingen enger mit den neuen Kompositionspraktiken der Gegenwart zusammen? Welche Aspekte blieben durch das Jahrhundert hindurch mehr oder weniger konstant und welche wandelten sich mit der Zeit? Und schließlich, wie führten diese zu den Anfängen der Analyse?«[6] Göllners Studie behandelt diese Fragen am Beispiel der neu aufkommenden Symphonie und konzentriert sich dabei »auf jene Aspekte, die sich direkt auf den Kompositionsprozess beziehen.«[7]
Im ersten Kapitel betrachtet Göllner die Entstehung der Symphonie als eigenständige Gattung. Sie betont, das Wort ›Symphonie‹ sei mit einer Vielzahl von Begriffsinhalten in Verbindung gebracht worden: »Da diese Bedeutungen oft gleichzeitig bestanden, ist es schwierig, klare Entwicklungsstränge über die Jahre hinweg zu verfolgen, doch lassen sich verschiedene Tendenzen beobachten.«[8] Göllner beschreibt diese Tendenzen in vier Abschnitten mit den Titeln: »Instrumental- versus Vokalmusik« (»Instrumental versus Vocal Music«), »Kategorien der Einleitungsmusik« (»Categories of Introductory Music«), »Betrachtungen zu ›Stil‹ und ›Ursprung‹« (»Views on ›Style‹ and ›Origin‹«) und »Kammermusik: Sonate, Konzert und Symphonie« (»Chamber’ Music: Sonata, Concerto and Symphony«). Den Abschnitt »Instrumental- versus Vokalmusik« eröffnet sie mit Definitionen aus Johann Matthesons Neu=Eröffnete[m] Orchestre (»Symphonie, Symphonia, heisset in genere alles, was zusammen klinget«[9]), Jean-Jacques Rousseaus Dictionnaire (»das Wort Symphonie wird auf alle Instrumentalmusik angewandt«[10]) und Johann Adam Hillers Wöchentliche[n] Nachrichten (»Franzosen benennen so alles[,] was von Instrumenten in der Oper gespielt wird«[11]). Die Abhängigkeit der Instrumentalmusik von der Vokalmusik belegt Göllner durch einschlägige Zitate:[12] So beschreibt Mattheson die Instrumentalmusik als ›Tochter‹ der Vokalmusik in Der Vollkommene Capellmeister[13], Friedrich Wilhelm Marpurg fordert in Der Critische Musicus an der Spree, die Instrumentalmusik möge die Vokalmusik imitieren[14] und Johann Georg Sulzer sieht in der Allgemeine[n] Theorie der schönen Künste alle Melodien schlicht als »Gesang« an.[15] Im Abschnitt über die »Kategorien der Einleitungsmusik« klärt Göllner darüber auf, dass die Symphonie nur eine von mehreren Formen der Einleitungsmusik darstellte. In »Standpunkte in Bezug auf ›Stil‹ und ›Entstehung‹«, erfahren wir, dass es innerhalb der Symphonie verschiedene ›Schreibarten‹ oder ›Style‹ gab, aus denen Kirchen-, Theater- und Kammersymphonie hervorgegangen seien[16], und dass Johann Adolph Scheibe im Critischen Musicus[17] und später Johann Abraham Peter Schulz in Sulzers Allgemeine[r] Theorie der Künste[18] die Symphonie direkt von der Ouvertüre ableiteten. Im letzten Abschnitt, »Kammermusik: Sonate, Konzert und Symphonie« schließlich zeigt Göllner auf, dass die Symphonie in ihrer Frühgeschichte oft austauschbar mit Sonate oder Konzert erschien und erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts als eigenständige Form betrachtet wurde: »Zum Ende des Jahrhunderts hatte die Symphonie eine Reihe von Vorurteilen abgeschüttelt und wurde zur dominierenden Instrumentalgattung. Sie wurde nicht mehr länger als ein attraktives aber simples Einleitungsstück für Kirche, Theater oder Konzert angesehen, sondern als eine unabhängige Kammerkomposition, ähnlich in ihrer Instrumentierung dem Konzert oder einem großen Chorwerk, aber verschieden in ihrer melodischen Charakteristik von den eher solistischen Gattungen der Sonate und Arie.«[19]
Göllners zweites Kapitel, »Melodische Teile/Cäsur/Cadenz« (»Melodic Unit/Caesura/Cadence«), wendet sich dem theoretischen Fundament des Formdenkens im 18. Jahrhundert zu. In fünf Abschnitten legt die Autorin ihre Interpretation der theoriegeschichtlichen Zusammenhänge dar: »Das Begriffsproblem« (»The Problem of Terminology«), »Das frühe 18. Jahrhundert« (»The Early 18th Century«), »Der Versuch eine konsistentere Terminologie zu finden: Traktate aus den 1760ern« (»The Attempt to Find a More Consistent Terminology: Treatises from the 1760s«), »Die 1770er: Eine Zeit der Kontroverse und der Revision« (»The 1770s: A Time of Controversy and Revision«) und »Die 1780er: Vereinfachung« (»The 1780s: Simplification«). Obwohl Göllner schon am Anfang ihres Buches erklärt, ihr Interesse gelte in erster Linie den größeren Entwicklungslinien, überrascht doch, dass sie nicht, wie im vorigen Kapitel, zunächst die Vielfalt der im 18. Jahrhundert zu diesem Thema vertretenen Positionen aufarbeitet, sondern sogleich die problematischen Aspekte der terminologischen Unterschiede in den Vordergrund stellt. Dies spiegelt sich in ihrem Sprachgebrauch: Die terminologischen Differenzen hätten ›Kummer‹ (grief), ›Verwirrung‹ (confusion), ›Widerspruch‹ (inconsistency) und ›Meinungstreit‹ (controversy) hervorgerufen. Göllners implizite Forderung nach einer homogenen Musiktheorie irritiert: Wie William Caplin in seinem Aufsatz »The Classical Cadence: Conceptions and Misconceptions«[20] überzeugend dargestellt hat, dürfte es im 18. Jahrhundert kaum leichter gewesen sein, einen musiktheoretischen Konsens herzustellen, als heute. Ferner erstaunt die Kürze dieses zentralen Kapitels: Göllner fasst die Zusammenhänge auf nur 18 Seiten zusammen und führt nur ein einziges musikalisches Beispiel an.
Im Abschnitt »Das Begriffsproblem« verweist Göllner auf das geringe Interesse der Theoretiker in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts an größeren musikalischen Formen: »Ihr Interesse war auf die kleineren melodischen Teile eines Stückes gerichtet und auf die verschiedene Arten, in denen diese zu größeren Phrasen innerhalb eines harmonischen Gerüstes verbunden werden können.«[21] Für »das frühe 18. Jahrhundert« unterscheidet Göllner zwischen einer ›lexikographischen‹ Anschauung (repräsentiert durch Johann Gottfried Walthers Musicalisches Lexicon von 1732), »die von der Notwendigkeit, Trennungspunkte und Kadenzen voneinander zu unterscheiden profitiert und dieselben Wörter gebraucht, um die durch solche Trennungspunkte eingegrenzten Teile zu bezeichnen«[22], und einer ›rhetorischen‹ Anschauung (repräsentiert durch Johann Matthesons Vollkommene[n] Capellmeister), die »Begriffe aus der Wortsprache übernimmt und die Namen der Interpunktionszeichen benutzt, um auch die Trennungspunkte und schließlich die Phrasen, die von diesen Punkten begrenzt sind, zu bezeichnen.«[23] Obwohl sich diese Unterscheidung zunächst interessant anhört, bleibt unklar, in welcher Weise Walthers Lexikoneintrag, der die »distinctionibus in der Oratorie« erwähnt[24], sich von Matthesons »Lehre von den Incisionen, welche man auch distinctiones, interpunctationes, posituras u.s.w. nennet«[25] unterscheiden soll. Darüber hinaus fehlen in Göllners Darstellung wichtige Einzelheiten zum Verständnis von Walthers Begriffen. So behauptet Göllner, Walther verwende die Termini »›Caesura‹, ›Clausula‹, and ›Absatz‹ bedeutungsgleich, um entweder eine kurze melodische Einheit oder eine nachrangige Pause zu bestimmen, im Gegensatz zum Terminus ›Cadenz‹, der seine Grundbedeutung als primärer Schluss durch das 18. Jahrhundert hindurch behält«.[26] Eine genauere Betrachtung würde jedoch zeigen, dass ›Caesura‹ und ›Clausula‹ unterschiedliche musikalische Zusammenhänge implizieren. Walther benutzt im Lexicon und in seiner Præcepta den Terminus ›Clausula‹, um spezifische Schlussformen zu benennen, während ›Caesura‹ gewöhnlich eine melodische Pause und den damit abgegrenzten melodischen Teil bezeichnet. Dass ein Hinweis auf diesen Unterschied, der aus Walthers Beispielen eindeutig hervorgeht, bei Göllner fehlt, korreliert mit dem auffälligen Mangel an musikalischen Beispielen in der Darstellung: Das einzige Beispiel in diesem Kapitel (und das erste in Göllners Buch überhaupt) gibt Riepels ›Singer‹, ›Lauffer‹, ›Rauscher‹ und ›Springer‹ wieder, Bewegungsformen also, die eigentlich wenig mit dem Feld ›Melodische Einheit/Caesura/Cadenz‹ zu tun haben. In ihrer nur anderthalbseitigen Besprechung von Joseph Riepels Theorie hebt Göllner die ›Zweyer‹, ›Dreyer‹, ›Vierer‹ etc. als Riepels wichtigsten Beitrag zum Gegenstand hervor, erwähnt die hierarchische Verknüpfung von ›Cadenz‹, ›Absatz‹ und ›Einschnitt‹ und schließt mit einem Hinweis auf den Begriff ›Clausel‹, den Riepel an verschiedenen Stellen in den Anfangsgründen benutzt. Es ist Göllner gewiss darin zuzustimmen, dass Riepel mit ›Clausel‹ eine kurze motivische Einheit meint (»Welche Wiederholung von vielen bald ein schöner, ein spitzfindiger Einfall, ein herziger Gedanke, bald eine gute Clausel [Fußnote: ›Bedeutet hier nicht den Schluß oder die Cadenz.‹], oder wohl gar ein niedliches Clausel pflegt genennt zu werden.«[27]). Unverständlich jedoch bleibt, warum sie ›Singer‹, ›Lauffer‹, ›Rauscher‹ und ›Springer‹ mit ›Clauseln‹ gleichsetzt, beziehen sich diese Begriffe doch auf rhythmische ›Bewegungsarten‹, die sich in größeren Kompositionen über mehrere Phrasen erstrecken können.
Im dritten Kapitel »Melodie und Thema« (»Melody and Theme«) erfährt der Leser viel über Göllners ästhetische und kompositionstheoretische Erwartungen hinsichtlich der Musik des späten 18. Jahrhunderts. In der Tat erinnert Göllners Umgang mit den historischen Quellen insbesondere an Joel Lesters »Between Mode and Key«, eine Studie, die Brian Hyer mit einem Rückgriff auf Hayden Whites metahistorische Ausführungen folgendermaßen beschrieben hat (Ich ersetze hier ›er‹ durch ›sie‹): Göllner »nimmt oft eine Haltung gegenüber der historischen Musiktheorie ein, die Haydn White als ›ironisch‹ bezeichnen würde, indem sie ihren historischen Informanten gegenüber einen Wissensvorsprung, einen ›realistischeren‹ Blick auf die Vergangenheit, beansprucht.«[28] »Sie schreibt aus einer überhistorischen Haltung, bei der ihr das Wissen von dem, was ›wirklich passiert ist‹, als Leitfaden zur Interpretation dient.«[29] Dies zeigt sich etwa in ihrer Darlegung zum »Thema als zentrale Idee« (»Theme as Central Idea«), wo sie hervorhebt: »[…] das Konzept eines Themas als erinnerbare und charakteristische melodische Einheit, und folglich auch seine Bezeichnung, blieben abgetrennt [vom Konzept des ›Gesangs‹] und wurden erst für die Struktur der Instrumentalwerke im späteren 18. Jahrhundert wichtig.«[30] Und im Abschnitt »Hauptthema versus Nebengedanken« (»Main Theme versus Secondary Ideas«) kritisiert sie: »Die Vorstellung von einem zweiten oder lyrischen Thema, das als Gegengewicht zum ersten Hauptthema dient, wurde niemals genau dargelegt«.[31]
Göllner ist überzeugt, dass »die einfache additive Methode, die man in frühen Symphonien findet (z.B. bei Sammartini und anderen Italienern) […] einfach unzulänglich [wurde], als die Sätze sich in der Länge ausdehnten.«[32] Beispielhaft entfaltet scheint ihr das ältere, ›additive‹ Denken in Riepels ›ars combinatoria‹, die sie als die Kombination von »kleinen gleich wichtigen melodischen Einheiten« (»smaller melodic units of equal importance«) beschreibt: »Riepels Anweisung widmet sich darum den verschiedenen Arten, auf die diese Einheiten, die auf der Basis ihres Taktumfanges bezeichnet werden, erweitert, wiederholt, oder verändert werden können. Sie sind praktisch neutrale Elemente, die vom Komponisten nach Belieben verändert und kombiniert werden können.«[33] Jedoch vergisst Göllner zu erwähnen, dass Riepel das ›Thema‹ ausdrücklich als zentrale Idee einer Komposition beschreibt (»Thema, Entwurf wonach das ganze musikalische Stück verfertigt wird«[34]) und dass die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten für Riepel keinesfalls gleichwertig sind, sondern im Rahmen des fiktiven Lehrer-Schüler-Dialogs hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit und Funktion innerhalb einer Komposition beurteilt werden: Weder sind bei Riepel die kleinsten Einheiten neutral noch ist ihre Kombination beliebig. Ganz allgemein ist es schwierig, Göllners Darlegungen in diesem Kapitel zu folgen, etwa wenn sie zunächst behauptet, die zeitgenössischen Theoretiker hätten keinen Begriff von einem Thema gehabt, sondern wären nur von »kleinen gleichwichtigen melodischen Einheiten« ausgegangen, dann aber ausführt, das »Konzept eines einzelnen Hauptthemas und verschiedener Nebengedanken« fände sich schon verhältnismäßig früh bei Scheibe.[35]
Die nächsten beiden Kapitel setzten sich mit »Rhythmus und Takt« (»Rhythm and Measure«) und »Harmonie und Form« (»Harmony and Form«) auseinander: »Die Kombination von kleineren Einheiten zu längeren melodischen Gestalten« (»the combination of smaller units into larger ones«[36]), die Göllner auf Riepel zurückführt, ist maßgebend auch für ihre Darstellungen zum Thema Rhythmus und Metrum. Im Abschnitt »Rhythmus als Taktgruppierung« (»Rhythm as Measure Groupings«) weist sie daraufhin, dass »die gebräuchlichste Kombination, besonders in den ersten Sätzen der Symphonien, […] eine unbegrenzte Aufeinanderfolge von zwei- oder viertaktigen Einheiten [ist], die auf der Tonika beginnen und der Dominante aufhören.«[37] Dass solche Konstruktionen oft mit einer Takterstickung zusammenfallen, zeigen ihre Ausführungen zum Thema »Rhythmische Figuren und ›Takterstickung‹« (»Rhythmic Figures and ›Takterstickung‹«). Interessant ist besonders Göllners Beobachtung, dass die meisten theoretischen Schriften Takterstickungen nur anhand einer einzelnen melodischen Linie darstellen, obwohl sogar in frühen Symphonien Takterstickungen oft das Ergebnis von überlappenden Instrumentalgruppen oder Lautstärkeveränderungen sind.[38] »Während Rhythmus als die Kombination melodischer Einheiten verschiedenen Typs die Basis des Kompositionsprozesses bildet, bestimmt die Harmonik die Hauptteile und damit deren Verhältnis in formaler Hinsicht.«[39] So diskutiert Göllner im Kapitel »Harmonie und Form« die harmonische Struktur von Symphonien in Bezug auf die möglichen Kadenzebenen und deren Verhältnis.[40] Bei der beispielhaften Schlussbetrachtung der Allegrosätze von sechs Symphonien des jungen Mozart (komponiert 1772) kommt sie zu dem Ergebnis, deren thematische und harmonische Disposition basiere nicht auf einer bestimmten Norm, sondern weise eine große Variabilität auf, und sie schließt das fünfte Kapitel mit einem Plädoyer, diese Vielfalt nicht als Schwäche, sondern Stärke der Kompositionen anzusehen: »Anstatt die Vielfältigkeit formaler Lösungen in der frühen Klassik als Abweichungen von einer später etablierten Norm zu betrachten, müssen wir sie im Geiste der Zeit als etwas Erwünschtes erkennen: als höchst erfinderische, sich ständig verändernde Verwirklichung einer groß angelegten binären Struktur, in der das harmonische Schema anstelle des thematischen Gehalts die regulierende Rolle spielt.«[41]
»Aufgrund der in den vorausgehenden Kapiteln gegebenen Informationen könnte man schließen, ein Satz könne komponiert werden, indem man ein Hauptthema und verschiedene verwandte Nebengedanken erfindet, diese in angemessener Weise aneinanderfügt und innerhalb der Teile und des Modulationsschemas der binären Form wiederholt und variiert. Und in der tatsächlichen Praxis ist wahrscheinlich genau dies auch passiert. In den Werken jener Theoretiker, die für einen eher praktischen Zugang zur Komposition plädierten, besonders bei Riepel und den Autoren der 1760er und 1770er Jahre wird dieser Ansatz empfohlen und verfeinert. Andere jedoch waren weit weniger zufrieden mit dieser einfachen Methode. Stattdessen versuchten sie vielfach, ein mehrschrittiges Verfahren zu entwickeln, das es ermöglichte, die Komponenten eines Werkes nacheinander zu ersinnen, dann im Detail auszuarbeiten und schließlich in fertiger Form vorzustellen. Dabei bezogen sie sich auf andere Künste, besonders auf die Rhetorik aber auch auf die bildende Kunst. Keines dieser Modelle jedoch ließe sich in einem praktischen Sinne einfach für den Kompositionsprozess übernehmen. Wie im Falle der Terminologie waren die Ergebnisse uneinheitlich und blieben oft verwirrend und unklar. Auch wenn letztlich alle diese Versuche eine dreischrittige Anlage aufweisen, ist der wirkliche Inhalt dieser drei Schritte variabel und oft so vage beschrieben, dass ein Vergleich schwierig ist«.[42] So beginnt Göllner das sechste Kapitel, das sich mit Theorien zum Kompositionsprozess auseinandersetzt. Göllner referiert zunächst die Position Matthesons, der basierend auf der klassischen Rhetorik zwischen ›Dispositio‹, ›Elaboratio‹ und ›Decoratio‹ unterscheidet, jedoch in praktischer Hinsicht keine klare Trennung zwischen ›Dispositio‹ und ›Elaboratio‹ bietet.[43] Gegen Ende des 18. Jahrhunderts finden sich ähnliche Unterscheidungen, etwa bei Sulzer[44] und Heinrich Christoph Koch, die von ›Anlage‹, ›Ausführung‹ und ›Ausarbeitung‹ sprechen.[45] Göllner erschließt außerdem zwei Quellen, Georg Joseph Voglers Betrachtungen der Mannheimer Tonschule[46] und Johann Gottlieb Portmanns Leichtes Lehrbuch der Harmonie.[47] Im Gegensatz zu anderen Theoretikern fordern Vogler und Portmann, zuerst den harmonischen Grundriss einer Komposition auszuarbeiten.
Das siebte Kapitel, »Versuch einer Analyse: Allegro Sätze« (»Attempts at Analysis: Allegro Movements«) schließt mit einem Kommentar zu vier historischen Analysen:
Joseph Riepel, Anfangsgründe zur musicalischen Setzkunst (1752–86), Zweites Capitel: »Grundregeln zur Tonordnung insgemein« [1755].
Johann Friedrich Daube, Anleitung zur Erfindung der Melodie und ihrer Fortsetzung, Erster Theil (1797).
Georg Joseph Vogler, Betrachtungen der Mannheimer Tonschule (1778), Analyse von Peter von Winter, Symphony in d-Moll.
Jerôme-Joseph de Momigny, Cours de complet d’harmonie et de composition (1803–05), Analyse von Joseph Haydn, I. Satz der Symphony Nr. 103, »Mit dem Paukenwirbel«.
Göllner folgt nicht der historischen Reihenfolge, sondern gruppiert Daube mit Riepel, da beide Theoretiker jeweils eigene Werke besprechen. In ihrer Diskussion der vier Analysen arbeitet Göllner wichtige Aspekte heraus, so zum Beispiel, dass Riepels Beschreibung der Allegrosätze sich hauptsächlich auf die harmonische Struktur und die mögliche Wiederholung, Einschiebung und Veränderung von musikalischen Einheiten beschränkt, während Daube hauptsächlich daran interessiert ist aufzuzeigen, dass ein ganzer Satz auf einer begrenzten Anzahl von Motiven aufgebaut sein kann (127). Ein sehr interessanter Aspekt ist, dass Daube den Allegrosatz hier in drei Teile unterteilt – im Gegensatz zu den meisten Theoretikern im 18. Jahrhundert, die den ersten Satz einer Symphonie in der Regel als binäre Konstruktion ansehen. Daubes Unterteilung gründet sich jedoch, anders als man vermuten könnte, nicht auf die harmonische Struktur des Satzes, im Gegenteil: Jeder Teil fällt mit einer Wiederholung des Themas zusammen, was dazu führt, das der dritte Teil auf dem Dominantseptakkord beginnt (128).
»Das Verfahren der Analyse wie wir es kennen […] setzt Musik in der Form einer fertigen Komposition voraus, und einer, der in dieser Weise vorging, war der Mannheimer Theoretiker, Musiker und Komponist Georg Joseph Vogler«.[48] Voglers Auseinandersetzung mit Peter von Winters Symphonie zeigt eine gewisse Systematik: »Zuerst wird der Plan jedes Hauptabschnittes ausgehend von der Anzahl und Beschaffenheit seiner Perioden, also der größeren melodischen Einheiten oder Phrasen, und deren harmonischer Struktur auf der Basis ihrer Schlüsse und Kadenzen bestimmt. Darauf folgt eine Diskussion der Details […]: melodische Motive, spezifische Akkorde oder Intervalle, Stimmführung, und so fort.«[49] Göllner sieht klare Parallelen zwischen dem gestaffelten Kompositionsprozess und Voglers Analyseschritten. Zugleich jedoch kritisiert sie Vogler für die Überfülle an Details und die Inkonsequenz bei der Anwendung seiner eigenen Kriterien. Göllner kommt zu dem Schluss: »Deshalb ist der Zugang zur Analyse in Voglers Werk von noch vorläufigem, suchendem Charakter.«[50] Auch Momignys Analysen sind durch einen gestaffelten Prozess geprägt. Göllner referiert, dass der belgische Theoretiker in seiner Analyse von Mozarts KV 421 (= 417b) den Hauptteil des ersten Satzes in sechs verschiedenen Weisen darstellt: Partitur, kleinste melodische Einheiten der ersten Violine (oft nur ein bis drei Noten), Kadenzen, mit französischen Text der ersten Violine unterlegt, Klavierauszug der Begleitung, und als Akkordabfolge in Grundstellung. »Wie Daube unterteilt er den [Kopf-]Satz [von Haydns Symphony Nr. 103] in drei Teile, bewahrt aber die zwei Hauptteile, die beide bedeutungsvoll als ›Reprisen‹ bezeichnet werden. Im Gegensatz zu dem mehrstufigen Zugang zu dem Satz Mozarts, sieht er für diese Symphonie nur zwei Haupttypen der Analyse vor. Zu Anfang der ersten, technischen Analyse nummeriert er die Perioden, wobei er die Perioden der langsamen Einleitung und der drei Teile [des Allegros] jeweils separat betrachtet (drei in der Einleitung, dann sechs, sieben und vier; und nochmals drei, angefangen von der Wiederkehr der Einleitung am Ende des Satzes).«[51] Es folgt »Momignys zweite komplette Analyse des Satzes: die ›Exposition du Sujet de cette Symphonie‹ oder auch ›Analyse pittoresque et poétique‹ genannt. Die gewöhnliche Methode, die oberste Stimme mit einem Text zu unterlegen, lässt sich auf die Symphonie nicht ohne weiteres anwenden. Momingy muss deshalb eine andere Lösung finden. Um den Verlauf des Satzes in seiner Wirkung auf den Hörer darzustellen, erfindet er einen Erzähler, wie er in vielerlei Hinsicht auch bei der Erläuterung eines Gemäldes Verwendung finden könnte.«[52] Göllner schließt ihre Darlegungen zu Mominigy – und damit ihre gesamte Studie – mit der Bemerkung: »In einer Zeit, in der das Narrative als Zugang zum Verständnis der Musik der Vergangenheit für unsere moderne wissenschaftliche Auseinandersetzung immer wichtiger wird, ist diese Art von Analyse von neuem Interesse. Auf der einen Seite wurzelt sie tief in der rationalistischen Überzeugung des 18. Jahrhunderts, derzufolge Kunst die Natur imitiert, auf der anderen Seite vermag sie im 20. Jahrhundert Versuche zu stützen, Instrumentalwerken über rein technische und formale Einzelbeobachtungen hinaus Bedeutung zuzuweisen. Während jedoch in unserer Zeit diese Art von Narration einen neuen Zugang darstellt, der sich klar von herkömmlichen Analysen abhebt, kann sie von einem Standpunkt des 18. Jahrhunderts einfach als die andere Seite der Münze angesehen werden. Denn die Analyse, und sogar die Komposition selbst waren an ein von Grund auf deskriptives Verfahren gebunden, das die Abfolge von Motiven und deren Kombination zu längeren Phrasen durch ein musikalisches Werk hindurch verfolgte.«[53]
Resümierend stellt sich die Frage, inwieweit Göllner ihren Anspruch, den Diskurs des 18. Jahrhunderts nachzuzeichnen und den gegenwärtigen Diskurs um neue Einsichten zu bereichern, einzulösen vermag. Was die Darstellung der historischen Quellen anbetrifft, weist ihr Buch Lücken auf, nicht allein weil es an musikalischen Beispielen mangelt (auf insgesamt 165 Seiten gibt es nur 28 musikalische Beispiele), sondern auch weil die Autorin mitunter wichtige Aspekte der zeitgenössischen Theorie unberücksichtigt lässt, die ihre Interpretation des untersuchten Gegenstands nicht stützen. Aber auch der gegenwärtige Diskurs findet nur eingeschränkt Niederschlag: Es überrascht, wie wenig neuere Literatur von der Autorin rezipiert wird, obwohl in den letzten zehn Jahren eine Fülle von Studien zum Thema erschienen ist. Nichtsdestotrotz liefert Marie Louise Göllner einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der Musiktheorie im Allgemeinen und zur Symphonie im 18. Jahrhundert im Besonderen. Ganz abgesehen davon, dass ihr Buch zahlreiche bemerkenswerte Beobachtungen enthält, setzt es auch die Diskussion der musiktheoretischen Anschauungen im 18. Jahrhundert fort, deren breites Spektrum letztlich in der Meinungsvielfalt des 18. Jahrhunderts selbst begründet ist.
Anmerkungen
»[…] to illustrate the changes and the conflicts which characterize the theoretical scene of the time. […] Since these views differ essentially from the ones we have inherited from the 19th century, their perusal can lead us to new insight into the musical thought of an earlier time.« (Göllner 2004, XI) | |
Ebd., VII. | |
Ebd., 1. | |
»On the one hand they were the heirs to a long tradition transmitted from the previous century, which placed strong emphasis on rhetoric as the proper foundation of the arts, and on the other they were party to an aesthetic which ran counter to the newest development in the musical scene around them.« (Ebd., 1) | |
Ebd., 1f. | |
»How then, did 18th-century writers approach instrumental music and the process of composition? Which of their ideas continued along the path of the larger theoretical tradition of the past and which were more closely derived from the new compositional practices of the present? Which elements remained fairly constant throughout the century and which ones changed in its course? And, finally how did these lead to the beginning of analysis? The present study seeks to address these questions by placing the newly emerging symphony in the center as the focal point, concentrating on those issues which were directly related to the compositional process.« (Ebd., 3) | |
Ebd. | |
»Since these meanings frequently existed simultaneously, it is difficult to establish any clear developmental change over the years, but several general trends can be observed.« (Ebd., 9) | |
Mattheson 1713, 171. | |
Rousseau 1768, 458f. | |
Hiller 1769, III, 270. | |
Göllner 2004, 9–12 | |
Mattheson 1739, 204. | |
Marpurg 1749, 323. | |
Sulzer 1778, 239. | |
Mattheson 1739, 234. | |
Scheibe 1740, 311f. | |
Sulzer 1778, Bd. 4, 239. | |
»By the end of the century, then, the symphony had overcome a variety of prejudices to become a dominant instrumental genre. No longer viewed as an attraktive but simple introductory piece for Church, Theater or Concert, it had rather emerged as an independent chamber work, similar in its orchestral forces to the concerto or large choral work and differented in ist melodic characteristics from the more solo-oriented genres as the sonata or aria.« (Göllner 2004, 23) | |
Caplin 2004. | |
»Their interest centered rather on the smaller melodic units of a piece and of the different ways in which they could be combined into larger phrases within a specified harmonic scheme.« (Göllner 2004, 25) | |
»[…], which proceeds from the need to differentiate cut-off points and cadences and then uses the same words to refer to sections bounded by those points« (ebd., 29f.). | |
»[…], which takes over the terminology of prose, using the names of punctuation signs as the cut-off points and, finally, as the phrases bounded by those points« (Ebd., 30). | |
Walther 1732, 170. | |
Mattheson 1739, 180. | |
»›Caesura‹, ›Clausula‹, and ›Absatz‹ are virtually synonymous and refer either to a brief melodic unit or to a secondary pause. In contrast to ›Cadence‹, which retains its basic meaning as the primary ending throughout the 18th century, these three words will occur in many different contexts in later works.« (Göllner 2004, 27) | |
Riepel 1752–86, 1. Kap., »De Rythmopoeia oder von der Tactordnung« [1752], 9. | |
»[…] often takes what Hayden White would describe as an ›ironic‹ attitude toward historical music theories in which [she] assumes a more knowing intelligence – a more ›realistic‹ perspective on the past – than [her] historical informants.« (White 1973, 37f.) | |
»[She] write from a position over and above the historical record in which [her] knowledge of what ›actually happend‹ serves as a guide to interpretation.« (Hyer 1996, 80) | |
»[…] the concept of a theme as a memorable and distinctive melodic entity, and consequently its designation as well, remained separate, becoming important for the structure of an instrumental work only in the later part of the century.« (Göllner 2004, 44) | |
»The idea of one principal second or lyric theme used to counterbalance the first theme was never clearly stated« (ebd., 46). | |
»[…] the simple additive method of smaller units found in the early symphonies (e.g. Sammartini and other Italians) was clearly inadequate as movements expanded in length.« (Ebd., 46) | |
»Riepel’s instruction is devoted to the different ways in which these units, designated according to the number of measures they contain, can be expanded, repeated, or altered, that is, they are basically neutral elements which ca be changed at will and combined in any order which suits the composer.« (Ebd., 44) | |
Riepel 1752–86, 1. Kap., »De Rythmopoeia oder von der Tactordnung« [1752], 13. | |
»The concept of a single main theme plus various secondary ideas can be found as early as Scheibe« (Göllner 2004, 46f). | |
Ebd., 68. | |
»[…] the more usual combination, particularly in the first movements of symphonies, is an open-ended succession of two- or four-measure units which begin on the tonic and end on the dominant.« (Ebd., 70) | |
Ebd., 83. | |
»Whereas Rhythm, as the combination of different types of melodic units, forms the basis of composition as a procedure, it is harmony which determines the major sections and thus their relationship as it pertains to form.« (Ebd., 85) | |
Ebd., 86–94. | |
»Rather than viewing these multiple aspects of form in the early Classic as deviations from a norm only later established, we must recognize them in the spirit of the time as desiderata: highly ingenious and ever-changing realizations of a larger binary structure in which a basic harmonic scheme, rather than thematic identity, played the regulating role.« (Ebd., 95) | |
»From the information reviewed in the previous chapters we might infer that a movement could be composed by inventing a main theme and various related secondary ideas, joining them together in a proper fashion and repeating and varying them within the sections of the binary form and its modulatory scheme. And, in actual practice, this is probably what happened. In the works of those theorists who advocated a more practical approach to composition, notably Riepel and the authors of the 1760s and 1770s, this approach is also basically recommended and refined. Other, however, were far from satisfied with this simple method. Instead they frequently attempted to devise a series of steps whereby the components of the work could be successively conceived, then polished and finally presented in finished form. In so doing they again referred to other arts, most importantly to rhetoric but also to the visual arts. Neither of these models, however, could be readily adapted in a practical sense to the process of musical composition. As in the case of terminology, the results are thus far form uniform and often remain confusing and unclear. Although virtually all of these attempts predicate a three-fold process, the actual content of each of the three stages varies and is often described in such a vague manner that comparison is difficult.« (Ebd., 97) | |
Mattheson 1739, 122 und 235–42. | |
Sulzer 1778, 75 und 128. | |
Koch 1787, 96f. | |
Vogler 1778–81. | |
Portmann 1789, 50ff. | |
»The science of analysis as we know it […] presupposed music in its written form as a finished composition, and one of its practitioners was the Mannheim theorist, performer and composer, Georg Joseph Vogler« (Göllner 2004, 132). | |
»First the ›Plan‹ of each main section of the movement is defined by determining the number and nature of its ›Periods‹, i.e. the larger melodic units or phrase, and their harmonic make-up, based on their endings or cadences. This would be followed by a discussion of the details, proceeding from the beginning through the movement: melodic motifs, specific chords or intervals, voice leading, and so on.« (Ebd., 132f.) | |
»The approach to analysis thus remains tentative in Vogler’s work.« (Ebd., 139) | |
»Like Daube he divides the movement into three main part, but preserves the structure of two main sections, both called, significantly, ›Reprises‹. Unlike the many different steps to the Mozart movement, Momigny allots only two main types of analysis to the symphony. At the beginning of the first, or technical analysis, he numbers the periods, considering them separately for the slow introduction and for each of the three parts (three in the introduction; then six, seven and four; plus three beginning with the return of the introduction at the end of the movement).« (Ebd., 141) | |
»Momigny’s second complete analysis of the movement, the ›Exposition du Sujet de cette Symphonie‹ or ›Analyse pittoresque et poétique‹. The more usual method of simply setting text to the upper voice cannot be applied with ease to the symphony, and Momigny is thus obliged to find a different solution. He invents a narrative, which could in many respects be applied to a painting as well, to explain the progress of the movement on the basis of its impact on the listener.« (Ebd., 143) | |
»At a time when narrative has become increasingly important to our own modern scholarship as a way of understanding music of the past, this particular analysis takes on new interest. On the one hand it is deeply rooted in the rationalist insistence of the 18th century that art be based on an imitation of nature, but on the other it lends new support to twentieth century efforts to attach significance to instrumental works beyond their purely technical and formal details. Whereas, however, in our own time this type of narrative represents a novel approach, a distinct contrast to the more usual formal analysis, it can, from an 18th-century standpoint be viewed simply as the other side of the coin. For analysis, and indeed composition itself, were dependent on a fundamentally descriptive method, which followed the progression of motifs and their combination into larger phrases through the course of the musical work.« (Ebd., 145) |
Literatur
Caplin, William E. (2004), »The Classical Cadence: Conceptions and Misconceptions«, Journal of the American Musicological Society 57/1 (2004), 51–117.
Daube, Johann Friedrich (1797), Anleitung zur Erfindung der Melodie und ihrer Fortsetzung, Erster Theil, Wien.
Hiller, Johann Adam (1769), Wöchentliche Nachrichten und Anmerkungen die Musik betreffend, Leipzig, Reprint Hildesheim u.a.: Olms 1970.
Hyer, Brian (1996), »Before Rameau and After«, Music Analysis 15/1, 75–100.
Kaiser, Ulrich (Hg.) (2007), Musiktheoretische Quellen 1750–1800, DVD, Berlin: Zenodot Verlagsgesellschaft.
Koch, Heinrich Christoph (1782–93), Versuch einer Anleitung zur Composition, 3 Bde., Rudolstadt und Leipzig, Reprint Hildesheim u.a.: Olms 1969.
Marpurg, Friedrich Wilhelm (1749), Der Critische Musicus an der Spree, Berlin, Reprint Hildesheim u.a.: Olms 1970.
Mattheson, Johann (1713), Das Neu-Eröffnete Orchestre, Hamburg, Reprint Hildesheim u.a.: Olms 1993.
––– (1739), Der vollkommene Capellmeister, Hamburg, Reprint Kassel: Bärenreiter 1991.
Momigny, Jerôme-Joseph de (1803–05), Cours de complet d’harmonie et de composition, Paris: Selbstverlag.
Portmann, Johann Gottlieb (1789), Leichtes Lehrbuch der Harmonie, Darmstadt: J.J. Will.
Riepel, Joseph (1752–86), Anfangsgründe zur musicalischen Setzkunst […], Reprint als: Joseph Riepel, Sämtliche Schriften zur Musiktheorie, Bd. 1, Wien u.a.: Böhlau 1996.
Rousseau, Jean-Jacques (1768), Dictionnaire de musique, Paris, Reprint Hildesheim u.a.: Olms 1969.
Scheibe, Johann Adolph (1740), Der Critische Musicus, Bd. 2, Hamburg, in: Reprint Hildesheim u.a.: Olms 1970.
Sulzer, Johann Georg (1778), Allgemeine Theorie der schönen Künste, 2. Aufl., Leipzig: M.G. Wiedmanns Erben und Reich.
Vogler, Georg Joseph (1778–81), Betrachtungen der Mannheimer Tonschule, Mannheim, Reprint Hildesheim: Olms 1974.
Walther, Johann Gottfried (1708), Praecepta der musicalischen Composition, hg. von Peter Benary, Leipzig 1955.
––– (1732), Musicalisches Lexikon oder musikalische Bibliothek, Leipzig, Reprint hg. von Richard Schaal (= Documenta Musicologica, Druckschriften-Faksimiles 3), 5. Aufl., Kassel: Bärenreiter 1993.
White, Hayden (1973), Metahistory – The Historical Imagination in Nineteenth-Century Europe, Baltimore/London: The Johns Hopkins University Press.
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