Über den »unisonierenden Dualismus« im ersten Satz von Schuberts Streichquartett G-Dur, D. 887
Sebastian Urmoneit
Bis in unsere Zeit hinein ist der Widerspruch, der zwischen musiktheoretischer Erklärung und musikwissenschaftlichem Verstehen sich auftut, nicht aufgehoben worden. Schon Carl Dahlhaus hatte vor etwa 50 Jahren versucht, ihm mit seiner Unterscheidung einer Analyse, die in »theoretischer Absicht« verfährt, und einer solchen, die nach der »ästhetischen Absicht« fragt, zu begegnen. Doch seine Untersuchung von Schuberts letztem Quartett, so viele Details sie auch enthält, bleibt in der Theorie befangen und kommt so, was die »ästhetische Absicht« betrifft, mit Hegel gesprochen »nicht vom Fleck«. Das G-Dur-Quartett beginnt mit einem »Dur-Moll-Siegel«, das eine tönende Abhandlung über den Tongeschlechterwechsel in Aussicht stellt. Doch schon das Hauptthema deutet an, dass Schubert etwas anderes mit dieser Komposition im Sinn hatte. In der Durchführung wird deutlich, dass er mittels einer ›Kompositionswissenschaft‹, die den Werken der Gattung Streichquartett seit Haydn wesenhaft ist, an dem Verfahren einer symmetrischen Teilung der Oktave die Gefahr aufdeckt, sich gerade dort, wo er vermeintlich besonders systematisch vorgeht, in ›schlechte Unendlichkeit‹ zu verlieren.
The contradiction between music-theoretical explanation and musicological understanding has not been resolved up to our time. Some fifty years ago Carl Dahlhaus had already attempted to address this with his distinction between analysis that proceeds with “theoretical intention” and analysis that enquires into “aesthetic intention.” But his study of Schubert’s last quartet, despite the many details it contains, remains caught up in theory and thus, as far as the “aesthetic intention” is concerned, “does not get off the ground,” to use Hegel’s words. The G major quartet begins with a “major-minor-seal” that holds out the prospect of a sonorous treatise on modal mixture. But the main theme already suggests that Schubert had something else in mind with this composition. In the development it becomes clear that Schubert, by means of ‘compositional science’ that has been essential to the works of the string quartet genre since Haydn, uses the procedure of a symmetrical division of the octave to expose the danger of losing himself in ‘bad infiniteness’ precisely where he supposedly proceeds in a particularly systematic manner.
in memoriam Heinrich Poos[1]
Vorbemerkung
»Es ist gleich tödlich für den Geist, ein System zu haben, und keins zu haben. Er wird sich also wohl entschließen müssen, beides zu verbinden.«[2]
In seiner Abhandlung »Analyse und Werturteil« hat Carl Dahlhaus zwei Arten der musikalischen Analyse voneinander unterschieden: die »in theoretischer Absicht« vorgehende von der, die von »ästhetischer Absicht« gelenkt wird. Während jene ihren Gegenstand der Kompositionsgeschichte »als auswechselbares Exempel einer Regel« nimmt, um an ihm die »Triftigkeit einer Theorie […] zu demonstrieren«,[3] versucht diese »einem musikalischen Werk als besonderem, individuellem Gebilde gerecht zu werden«.[4] Doch Dahlhaus hat allein die Aufgaben einer Analyse, die in »theoretischer Absicht« verfährt, genau festgelegt und selbst eingestanden, dass die erforderlichen »Kategorien« einer von »ästhetischer Absicht« geleiteten »Analyse zweiten Grades«, mit der das einer Komposition Eigene explizit zu machen wäre, bislang »noch kaum entwickelt worden sind«.[5] Wenn er selbst zu Beginn seiner Abhandlung aber bemerkt, dass analytische Verfahrensweisen für ihn nicht allein grundsätzlich an »ästhetische Voraussetzungen gebunden«, sondern sogar von der »das musikalische Denken einer Epoche« bestimmenden »Ästhetik abhängig« sind, dann hat er das eine musikalische Analyse leitende »Ästhetische« selbst viel weiter gefasst, als er es in seiner Unterscheidung zwischen generalisierender oder individualisierender Vorgehensweisen zum Ausdruck gebracht hat.[6] Ohne dass er selbst davon gesprochen hat, ist die in »theoretischer Absicht« verfahrende Analyse, bei der einzelne Notentexte daraufhin untersucht werden, ob sich die darin eingearbeiteten Besonderheiten einer allgemeinen Gesetzlichkeit so unterordnen lassen, dass sie letztlich zur Marginalie degradiert werden, grundsätzlich einer durch Descartes begründeten und durch Kants Systemphilosophie fortgesetzten Wissenschaftsmethode verpflichtet. Umgekehrt dazu richtete Dahlhaus das Interesse einer in »ästhetischer Absicht« vorgehenden Analyse auf das Besondere, um es vor den Zugriffen der Verallgemeinerung zu bewahren. An welche Denktradition diese Art der Analyse angeknüpft werden kann, soll im Folgenden herausgearbeitet werden.
Die Schwierigkeiten, die entstehen, wenn diese beiden Vorgehensweisen der Analyse ganz unabhängig voneinander für sich angewendet werden, treten in den kurzen Analysen, die Dahlhaus dem zweiten Teil seiner Abhandlung »Analyse und Werturteil« angeschlossen hat, nicht hervor. Wenn die oben skizzierte Unterscheidung aber der Lektüre seines ausführlichen, dem ersten Satz von Franz Schuberts Quartett G-Dur D. 887 gewidmeten Aufsatzes vorgeschaltet wird, werden sie offensichtlich.
Dahlhaus will seine Analyse des Kopfsatzes von D. 887 »auf Theorie zielen« lassen, »statt bloß beschreibend an der Oberfläche entlangzufahren oder sich einer Hermeneutik anzuvertrauen, die dafür, daß sie vom Wesentlichen redet, den Preis bezahlt, hypothetisch und metaphorisch zu bleiben«.[7] Warum aber hat Dahlhaus, der die Musiktheorie an einem anderem Ort als »hermeneutische Disziplin«[8] bezeichnet hatte, nicht an Friedrich Schleiermacher angeknüpft, der mit seiner Hermeneutik »aus der Sprache und mit Hülfe der Sprache den bestimmten Sinn einer gewissen Rede zu finden«[9] suchte? Im Unterschied zu seinen Zeitgenossen wertete Schleiermacher »das Individuelle« nicht als Grundübel aller Fehlerquellen der Erkenntnis herab, sondern sah es als die Aufgabe des Verstehens an, dem Besonderen und Eigenen eines Textes gerecht zu werden.[10]
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass Schleiermacher selbst davor warnte, seine Hermeneutik etwa auf die »Werke[…] der bildenden Künste« anzuwenden, weil dabei »ganz über ihre bestimmten Grenzen« hinausgegangen werden würde, »die es immer nur mit dem in der Sprache producirten zu thun haben kann«.[11] Weil Schleiermachers Hermeneutik prinzipiell nur auf Sprachäußerungen anwendbar ist, verhilft sie zum Verstehen von Musik auch nur dann, wenn diese als eine Ton-Sprache aufgefasst wird, die in einem in Noten verfassten Text individuelle Gestalt angenommen hat[12] – ohne dass Schleiermacher selbst jemals so über Musik nachgedacht hätte.
Indem Schleiermacher die »grammatische« und die »technisch-psychologische Interpretation« voneinander unterschied, trennte er nicht »zwey Arten der Interpretation« voneinander, um, je nach Interesse, diese oder jene nach Belieben heranziehen zu können, sondern verlangte, dass »jede Auslegung […] beides vollkommen leisten« muss; denn wer »nur grammatisch verstehn will, will immer nur unkünstlerisch verstehn. Wer nur psychologisch verstehn will […] wird immer unphilologisch verstehn.«[13]
Eine Textauslegung gelingt nach Schleiermacher darum auch »nur im Ineinandersein dieser beiden Momente«:[14] einander spiegelbildlich ergänzend und stets gleichzeitig vorgenommen. Dabei widmet sich die »grammatische Interpretation« der »objective[n] Totalität der Sprache«,[15] die er anderswo als die »gegebene Sprache«[16] bezeichnet; die »technisch-psychologische« ist auf die »Productivität des Autors gerichtet«;[17] denn das »Verstehen hat eine doppelte Richtung, nach der Sprache und nach den Gedanken hin«.[18]
Die ›grammatische Interpretation‹
Zur Introduktion
Eröffnet wird das G-Dur-Quartett[19] durch eine Introduktion (siehe Bsp. 1), die – wie in manchen anderen Werken Schuberts auch – nicht durch ein langsames Tempo von der Allegro-Exposition abgesetzt ist. Doch erst ab Takt 3 bereitet Schubert Motive des Hauptthemas vor.[20] Wie als Einleitung der Einleitung noch vorausgeschickt, erklingt zuallererst ein G-Dur-Dreiklang in offener Quintlage, der vom piano ins forte crescendiert und dessen Terz auf der letzten Zählzeit von Takt 2 in der zweiten Violine von h1 nach b1 geführt wird. Im Gefolge der Auftakt-Quarte in der Oberstimme und der fallenden Oktave im Violoncello erklingt auf der Eins des dritten Taktes so abrupt wie unvermutet der g-Moll-Dreiklang in Oktavlage, dessen Stimmen vielfach verdoppelt sind und dessen Dynamik zum fortissimo gesteigert ist. Die Mollvariante wird durch eine Kadenz bestätigt und der gesamte Abschnitt in der Oberquinte wiederholt.
Beispiel 1: Franz Schubert, Streichquartett G-Dur, D. 887, T. 1–14
Dieser Beginn hat die Forschung zu derart abstrakten[21] Argumentationen veranlasst, dass der Verdacht entsteht, dass die Notentextlektüre lediglich kursorisch vorgenommen wurde. Nach Hans-Joachim Hinrichsen »spielt dieses Werk von allem Anfang an mit dem Oszillieren zwischen Dur und Moll, ja erhebt dieses regelrecht zu seiner zentralen Thematik.«[22] Nach Hermann Danuser führt Schubert sogar als mutmaßlich »erster Komponist der Musikgeschichte […] den Geschlechtswechsel als strukturelle Möglichkeit im Sinne eines Motiv-Topos ein, der es erlaubt, instrumentalmusikalische Formprozesse zu begründen. Der Kopfsatz des Streichquartetts ›in G‹ – Schubert schreibt weder ›Dur‹ noch ›Moll‹, doch das vorgezeichnete fis deutet auf G-Dur hin – basiert auf einem generischen Wechsel als Kernmotiv.«[23]
Doch stellt Schubert in diesen dem Quartett wie als ›Devise‹ vorangestellten Eröffnungstakten wirklich die ›Kernfrage‹, mit der er sich im Hauptteil auseinanderzusetzen gedenkt?
Das Hauptthema
Im Vordersatz (T. 15–18) des Hauptthemas (siehe Bsp. 2), das in dieser Untersuchung Dahlhaus folgend als Thema einer Variationenfolge aufgefasst wird,[24] bilden die drei Unterstimmen die Akkordfolge zur Harmonisierung des chromatisch fallenden Basses g–fis–f–e, über dem die erste Violine das Phrasenmotiv exponiert und sequenziert. Die aus der Verbindung des Tonika-Dreiklangs mit dem Dominant-Sextakkord gebildete Phrase wird als variierte Phrasenwiederholung ganztonweise abwärts sequenziert. Mit dem den Nachsatz eröffnenden Es-Dur-Dreiklang (T. 19) könnte diese Sequenz durch die gleichbleibend wiederholte Summierung, d. h. hier Sequenzierung der zweigliedrigen Akkordfolge, ›schlecht unendlich‹ fortgesetzt werden. Doch vermeidet Schubert dies, indem er den Basston d nicht der in der Phrase exponierten Akkordfolge entsprechend mit dem B-Dur-Sextakkord, sondern mit dem G-Dur-Quartsextakkord harmonisiert, dem er einen C-Dur-Dreiklang folgen lässt.[25] Den Halbton im Bass durch den Ganzton ersetzend und die zweigliedrige Akkordfolge des Vordersatzes zu einer dreigliedrigen im Nachsatz erweiternd, leitet er die fallende Sequenz in die zur Grundtonart zurückführende Kadenz über.[26]
Beispiel 2: Franz Schubert, Streichquartett G-Dur, D. 887, T. 15–23
Wenn Dahlhaus feststellt, dass Schuberts Harmonisierung des chromatisch fallenden Basses aus der »Tradition des ›Passus duriusculus‹ […] herausfällt«,[27] dann könnte diese Einsicht den Ausgangspunkt einer von ästhetischer Absicht geleiteten Notentextlektüre bilden. Doch da er nur hervorhebt, dass Schuberts Harmonisierung sich »einer funktionalen Chiffrierung« entzieht,[28] bleibt seine Analyse ganz in einer theoretischen Absicht verhaftet – ohne dass dabei deutlich wird, was dadurch gewonnen werden soll. Wer diese Harmonisierung des Lamentobasses demgegenüber in freier Anlehnung an Schleiermacher als »herausgenommen aus der Sprache«[29] kommentiert, dem fällt auf, dass der chromatische Lamentobass ganz herausgelöst von seinem Affektgehalt nicht in einer Moll-, sondern in einer Durtonart verwendet wird und, wohl singulär in der Kompositionsgeschichte, sogar ohne jede Akkorddissonanz (bzw. ›wesentliche‹ Dissonanz im Sinne Johann Philipp Kirnbergers)[30] ausschließlich mit Dur-Dreiklängen harmonisiert worden ist.[31]
Doch so abgesondert von der Verwendungsgeschichte Schuberts Harmonisierung des chromatischen Basses auch anmutet, ganz ohne Vorbilder steht sie nicht für sich da.
Vorbilder
1. Eine »musiktheoretische ›Tatsachenforschung‹«, die sich als »philologisch fest gegründete Archäologie« versteht, »Stoffmengen sichtet und ordnet, die Topoi vergleicht und verfolgt«,[32] wird Schuberts Harmonisierung des chromatisch fallenden Basses mit der aus Bachs Nr. 25 der »Goldberg-Variationen« in Verbindung bringen (Bsp. 3).
Beispiel 3: Johann Sebastian Bach, Aria mit 30 Veränderungen BWV 988 (›Goldberg-Variationen‹), Variatio Nr. 25, T. 1–4
In dieser Variation variierte Bach, ganz dem Charakter einer Minore-Variation entsprechend, den diatonischen Lamentobass, über den er den Beginn der das Thema bildenden G-Dur-»Aria« komponierte, zum chromatisch fallenden. Doch so viel reicher die Stimmführung in Bachs g-Moll-Variation im Vergleich zu Schuberts lapidarer Dreiklangs-Harmonik auch gestaltet ist, bleibt doch festzuhalten, dass das harmonische Gerüst auch bei Bach durch eine fallende Ganzton-Sequenz gebildet ist, die im zweiten Glied in die Kadenz umgeleitet wird.[33]
2. Auch im Menuett aus Wolfgang Amadeus Mozarts Streichquartett d-Moll KV 421 lässt sich eine Harmonisierung des chromatischen Basses finden, die als Vorbild für Schuberts Hauptthema des G-Dur-Quartetts gedient haben könnte (Bsp. 4).
Beispiel 4: Wolfgang Amadeus Mozart, Streichquartett in d-Moll KV 421, Menuetto, T. 1–10
Im mittleren Abschnitt dieses Fortspinnungstypus sequenziert Mozart das aus dem Tonika-Dreiklang und dem Dominant-Sextakkord gebildete Modell in d-Moll ganztonweise abwärts nach C-Dur (ab T. 4 mit Auftakt). Indem er den Ton g auf der letzten Zählzeit des 4. Taktes zwar wie eine Akkordseptime über dem Fundament a vorbereitend einführt, aber nicht auch dementsprechend abwärts auflöst, sondern in ihm die Quinte des folgenden C-Dur-Dreiklanges antizipiert, hat er, wie Bach, wenn auch auf andere Weise, das zwischen Modell und Sequenz liegende ›tote‹ zum ›motivischen‹ Intervall umgedeutet. Der den Epilog (T. 7–10) markierende übermäßige Quintsextakkord lenkt auf ähnliche Weise wie vorher bei Bach und später bei Schubert die fallende Sequenz in die Kadenz, um zur Grundtonart zurückzuführen.
3. Schließlich lässt sich als Beispiel der Harmonisierung des chromatischen Basses in einer Dur-Tonart das Hauptthema anführen, mit dem Ludwig van Beethovens Klaviersonate C-Dur op. 53 eröffnet wird (Bsp. 5).
Beispiel 5: Ludwig van Beethoven, Klaviersonate C-Dur op. 53, Allegro con brio, T. 1–12
Beethoven harmonisiert die Basstöne des Themas c–h–b–a mit einer ganztonweise abwärts geführten Sequenz, in der das in C-Dur stehende Modell aus Tonika-Dreiklang und Dominant-Sextakkord nach B-Dur transponiert wiederholt wird. Doch im Unterschied zu Schubert findet Beethoven im Nachsatz auf andere Art und Weise in die Grundtonart zurück. Auch schiebt er in den Takten 2 und 6 jeweils noch den Sekundakkord der Doppeldominante in die zweigliedrige Akkordfolge ein.
Die Variationenfolge
Nach Dahlhaus ist der Hauptsatz der Exposition des G-Dur-Quartetts, wie der Seitensatz auch, nur ungleich komplizierter, als Thema mit Variationen komponiert worden, wobei Dahlhaus die Takte 55 bis 63 in die Variationenfolge integriert,[34] obwohl die Kadenz zur Grundtonart (T. 50–54) den Hauptsatz zuvor schon abgeschlossen hat. Die »Simplizität der Variationenfolge« gestatte es Schubert, »entlegene Beziehungen […] verstehbar zu machen«.[35] Dabei gehe der Komponist nicht mehr von »einer fest umrissenen rhythmisch-diastematisch-harmonischen Gestalt« aus, sondern variiere »›abstrakte‹ Momente«: den »›Wechsel zwischen großer und kleiner Terz‹«, das »›rhythmische[…] Muster‹« und die »›Sequenz aus Halbtonschritten abwärts‹«.[36] Dieser sehr weit gefasste Begriff des Thematischen bildet den Ausgangspunkt der nun folgenden Notentextlektüre, soll aber weit enger an die Schubert »gegebene Sprache«[37] angeschlossen sein als dies bei Dahlhaus geschehen ist.
Die erste Variation (T. 24–33)
Indem Schubert im Vordersatz der ersten Variation (T. 24–27, siehe Bsp. 6) zwischen Dur-Dreiklang und Sextakkord jeweils einen verminderten Septimenakkord setzt, variiert er nicht nur den Ausschnitt der fallenden Ganztonleiter des Themas zur chromatisch fallenden Tonleiter,[38] sondern verleibt der bislang so makellosen Dreiklangs-Harmonik auch den größten Akkord-Antipoden ein. Das bewirkt, dass die zu Beginn des Nachsatzes ertönende Dreiklangsfolge (T. 28 f.) nicht mehr, wie im Thema, durch den fallenden Bass zusammengehalten wird, sondern zu dem variiert ist, was Kurth als »absolute Klangfortschreitung«[39] bezeichnet hätte, wobei die drei Dreiklänge von Es-Dur, G-Dur und C-Dur (Sextakkord) nicht in einen kadenzharmonischen Verlauf eingebunden sind. Was Kurths Denken fremd ist, macht letztlich allein das Attribut »absolut« (losgelöst von) sinnvoll. Es wirken keine »zentrifugalen Kräfte«, sondern kompositorische Verfügungen ordnen die Akkordfolge: Allein durch den Stimmtausch entsteht aus der Akkordfolge mit dem Durchgangs-Quartsextakkord (T. 19 f.) ein Neologismus (T. 28 f.), der für sich genommen keinen Zusammenhang in einer Tonart ergäbe.
Beispiel 6: Franz Schubert, Streichquartett G-Dur, D. 887, T. 24–33
Die zweite Variation (T. 33–54)
Zu Beginn der zweiten Variation greift Schubert das rhythmische Motiv vom Beginn der Introduktion auf, nicht aber das schroffe Umschlagen von Dur nach Moll. Durch die Engführung des Introduktions-Motivs sind der D-Dur-Sextakkord und der F-Dur-Dreiklang nicht mehr wie im Thema durch die syntaktische Pause zwischen den beiden Phrasen voneinander getrennt, sondern miteinander so verbunden, dass der chromatische Halbton fis–f die Bedeutung eines motivischen Intervalls erhält (T. 36 f.).[40]
Beispiel 7: Franz Schubert, Streichquartett G-Dur, D. 887, T. 33–53
Dass in den Takten 41–44 – die im Thema selbst noch artikulierte Zäsur zwischen Vorder- und Nachsatz dabei überspielend – dem Es-Dur-Dreiklang der Quintsextakkord der Doppeldominante von g-Moll folgt, setzt die Tendenz der ersten Variation fort, Akkorddissonanzen in die Harmonik aufzunehmen. Wenn diesem Akkord dann mit dem g-Moll-Quartsextakkord der einzige Molldreiklang im gesamten Hauptsatz folgt, dann tritt schließlich die topologische Grundlage hervor, die in der Nachsatz-Harmonik des Themas selbst ganz in der Diatonik wie verborgen ruhte: Es ist das dreigliedrige Modell der hier auf zweifache Weise variierten ›Teufelsmühle‹. Der Es-Dur-Dreiklang lässt sich als ein um sein dissonantes Rahmenintervall verkürzter und so zum Schein zur Dreiklangskonsonanz maskierter übermäßiger Quintsextakkord erklären;[41] die Aufeinanderfolge der beiden toposimmanenten Akkorde ist im Vergleich zu den Vorbildern in sich vertauscht.[42] In den aus der Gebrauchsgeschichte dieses Topos ganz vertrauten Verlauf der ›Teufelsmühle‹ findet sich die Harmonik wieder ein, wenn dem Quintsextakkord über cis der grundständige Dominant-Septimenakkord über c folgt (T. 48 f.), von dem aus sich die Akkordfolge auch wie gewohnt als Kleinterzzirkel fortsetzen ließe. Doch den als übermäßigen Quintsextakkord von e-Moll eingearbeiteten Akkord führt Schubert als Dreiklang der vierten Stufe mit hochalterierter sixte ajoutée nach G-Dur weiter, um – grundsätzlich wie im Thema, nur mit anderen Mitteln – die reale Sequenz in die Kadenz übergehen zu lassen. Wenn in der Akkordfolge ab Takt 45 nun ausschließlich Akkorddissonanzen aufeinander folgen, ist der Chromatik jener ihr eigene Affekt zurückgegeben, der ihr im Thema selbst genommen worden ist.
Die dritte Variation (T. 54–63)
Haupt- und Seitensatz sind nicht durch Modulation miteinander verbunden, sondern durch eine letzte Variation des Hauptthemas (siehe Bsp. 8),[43] in der Schubert das ähnlich wie in den Takten 33–40 enggeführte Introduktions-Motiv nun unter Anspielung auf den dort ausgesparten Dur-Moll-Wechsel mit einer Variante der Dreiklangsfolge der Hauptthemenphrase verschränkt. Zum einen folgen in Takt 54–60 nur noch grundständige Durdreiklänge aufeinander, zum anderen wird diese zweigliedrige Akkordfolge nun ganztonweise aufwärts sequenziert, bis die in Quinten steigende Dreiklangsfolge auf dem Fis-Dur-Dreiklang halt macht (T. 63).
Beispiel 8: Franz Schubert, Streichquartett G-Dur, D. 887, T. 54–63
Die Durchführung
In der Durchführung beschäftigt sich Schubert allein mit dem Hauptthema und den ihm angeschlossenen Variationenfolgen. Eröffnet wird sie durch eine abwärts von d nach B geführte, chromatisch figurierte Ganztonleiter im Violoncello (T. 168–179, siehe Bsp. 9). Die übrigen drei Instrumente präparieren mit Motiven, die der Tremolo-Begleitung der ersten Variation (T. 24–33) entnommen sind, den Großterzzirkel B–Fis–D–B heraus (T. 171, 173, 175 und 179). Beim Erreichen seiner letzten Station schert Schubert aus der Sequenz aus, führt den B-Dur-Dreiklang als Dreiklang der fünften Stufe nach Es-Dur weiter und wiederholt das Hauptthema in dieser Tonart, sonst aber fast tongetreu. Indem er ab Takt 189, im Stimmtausch der Motive, den Durchführungs-Beginn in der Unterquinte wiederholt, nimmt er die zweite Ganztonleiter des Tonsystems in die Komposition auf. Analog zu den Takten 168–179 führt er die Skala nun von es2 nach ces2. Entsprechend zu diesen Takten akzentuiert er in ihr den Großterzzirkel Ces–G–Es–Ces und führt den letzten Dreiklang der Sequenz als Dominante nach E-Dur weiter.[44]
Beispiel 9: Franz Schubert, Streichquartett G-Dur, D. 887, T. 168–179
Wie Schubert in der zweiten Variation des Hauptthemas in der Exposition ab Takt 33 die Motivik vom Beginn der Introduktion aufgreift, so bezieht er sich in der zweiten Durchführungs-Variation, die in Takt 210 beginnt (siehe Bsp. 10), nun sowohl auf den Quartettanfang als auch auf den Beginn der zweiten Variation des Hauptthemas. Das erste Teilstück dieser zweiten Variation (T. 210–218) bildet eine über dem ganztonweise fallenden Bass (e–d–c) komponierte Akkordfolge. Eröffnet wird dieser Abschnitt im Rückgriff auf die ›Devise‹ (T. 1–3) mit einer aufsteigenden Quarte und dem Rhythmus der Repetiernote, aber ohne den Dur-Moll-Wechsel. Während im Hauptsatz der Exposition erst in Takt 44 der einzige Moll-Dreiklang überhaupt erklungen war, hat sich das Mollgeschlecht in dieser Variation so auf die gesamte variierte Phrase ausgedehnt, dass nicht allein der Tonika-Dreiklang, sondern auch noch der Dominant-Sextakkord nach Moll transponiert worden ist.[45]
Beispiel 10: Franz Schubert, Streichquartett G-Dur, D. 887, T. 210–221
Hatte Schubert, zu Beginn der ›Minore-Variation‹ (ab T. 210), den chromatisch fallenden Bass des Themas durch den diatonisch fallenden ersetzt, so erklingt die auf Takt 48–51 des Themas zurückgehende Akkordverbindung in Takt 214–217 über dem liegenden Basston c. Die regulär vorbereitete Septime h löst Schubert zwar gemäß einer 7-6-Syncopatio abwärts nach ais (notiert als b) im folgenden Akkord auf, führt diesen Akkord aber weder als alterierte Doppeldominante nach e-Moll noch wie in Takt 49 f. als eine im hinzugefügten Ton hochalterierte Subdominante weiter, sondern, so wie notiert, als einfache Dominante in den F-Dur-Dreiklang (T. 217 f.). In Takt 214–218 hat Schubert, mit der Anspielung auf das rhythmische Motiv von Takt 1–3 seine Absicht unterstreichend, erstmals die beiden in der ›Devise‹ hervortretenden Halbtöne h und b in den Variationsprozess aufgenommen, aber doch davon entbunden, wie anfangs, den Dur-Moll-Wechsel zu besiegeln.
In den Takten 218–222 folgen – abermals unter Rückgriff auf die rhythmische Motivik von Takt 1–3 (bzw. T. 33–35) – über der an den Beginn der Durchführung anknüpfenden figurierten, ab Takt 220 akzelerierten, fallenden Ganztonleiter f–es–cis–h in den drei Oberstimmen der F-Dur-Dreiklang, der Zusammenklang der Töne f–gis–cis und der fis-Moll-Dreiklang aufeinander. Sind in dem mittleren Akkord dieser Harmonieverbindung, die im Unterschied zu der Akkordfolge am Durchführungsbeginn keine Verbindung mit dem Bass eingeht, das Fragment des übermäßigen Quintsextakkords von F-Dur und der Dreiklang der V. Stufe von fis-Moll zu einem Januskopf zusammengewachsen?[46]
Es scheint, als sei Schubert im »Kern der Durchführung«[47] mit seiner tönenden Spekulation an ein Ende gekommen. Zumindest setzt er die Arbeit von dieser Stelle an nicht mehr fort, sondern wiederholt den Durchführungsabschnitt der Takte 210–231 in der Tonart der Unterquinte (T. 234–255), ohne sonst noch Veränderungen an ihm vorzunehmen.
Die ›technisch-psychologische Interpretation‹
Bis zu diesem Abschnitt des Aufsatzes wurde versucht, Schuberts Tonsprache zu rekonstruieren, ohne dabei die Grenzen des Philologischen zu überschreiten, d. h. die Partitur möglichst genau am Sprachgebrauch orientiert zu lesen, um so die Spuren freizulegen, die zu Schuberts Komposition geführt haben könnten. Doch wer sich damit zufrieden gibt, dem ist bei der Lektüre »das Moment des Fragens, mithin auch der Erkenntnis […] abhanden gekommen«; denn ein solches »Forschen ist zum bloßen Suchen geworden«, aber »nach etwas […], das es gibt und nur noch aufzufinden gilt«.[48] Bedeutete ›Forschen‹ aber nicht »einst Fragen und Suchen«? Nicht anders als die Literaturwissenschaft hat die Musikwissenschaft und -theorie der Kenntnis mehr Beachtung geschenkt als der Erkenntnis. Frei nach Adorno ausgedrückt, läuft letztlich jedes Denken, »das seine Erklärungen aus den ohnehin vorhandenen Tatsachen heraus abstrahiert und dann für Erkenntnisse ausgibt«, auf »Tautologien« hinaus. Einem solchen, positivistisch forschenden Vorgehen hat Adorno, in Anlehnung an Hegels Vorwurf gegen die »Gründe[…] des szientifischen Denkens«, angekreidet, dass man so »nicht vom Fleck« käme.[49]
Zunächst scheint es, als habe Schubert sein letztes Quartett ganz im Bewusstsein jener »größte[n] Compositionswissenschaft« geschrieben, die Haydn einst Mozart attestierte, als dieser ihm seine sechs Quartette gewidmet hatte.[50] Die Variationenfolgen im Hauptsatz und in der Durchführung lassen sich mit Friedrich Schlegels Ideal einer Instrumentalmusik in Zusammenhang bringen, weil in ihnen »das Thema […] so entwickelt, bestätigt, variiert und kontrastiert [wird], wie der Gegenstand der Meditation in einer philosophischen Ideenreihe«.[51] Doch wie wäre der Gegenstand dieser komponierten Meditation zu benennen?
Wer behauptet, dass zu Beginn der Durchführung die erste Ganztonleiter von d nach b führt, in dessen Gefolge das Hauptthema dann in Es-Dur erklingt, der wendet einen Kniff an, um den Großterzzirkel als geschlossen aufzufassen, obwohl er offen gehalten ist; denn der auf den ersten B-Dur-Dreiklang (T. 170) folgende Akkord kann nur als ein Ges-Dur-, nicht, wie notiert, als ein Fis-Dur-Dreiklang gehört werden. So aber führt die Sequenz über den Eses-Dur-Dreiklang (T. 175) in den von Ceses-Dur (T. 177), was schließlich dazu zwingt, das in Takt 180–189 erklingende Hauptthema nicht in Es-, sondern in Feses-Dur zu lesen. Allein der Hinweis darauf, dass die Dreiklangsfolge im Thema am Beginn des Nachsatzes (T. 19) zum Es-Dur-Dreiklang führte, erlaubte es, die Ansicht zu vertreten, dass zu Beginn der Durchführung das Innere des Themas nach außen getreten ist. Doch eine solche Art rettender Auslegung ist im Hinblick auf die Tonart in der auf Takt 24–33 zurückgehenden ersten Variation des Hauptthemas in Takt 201–210 nicht mehr möglich. Der die Ganztonleiter strukturierende Großterzzirkel verliert sich ab Takt 193 in so dunkle Regionen, dass die Variation ab Takt 201 allein um ihrer Lesbarkeit willen in der Tonart E-Dur notiert ist, keinesfalls aber in dieser Tonart steht, wobei, konsequent gelesen, sogar festzustellen wäre, dass Schubert in dieser Variation nicht Fes-Dur, sondern sogar die noch tiefere Schicht, ›Geseses‹-Dur, erreicht hätte. Dies könnte, mit aller Vorsicht, als tönende Entsprechung dessen verstanden werden, was sich als ›schlechte Unendlichkeit‹ bezeichnen ließe, die als bloße Folge von Summierung des Endlichen einer ›wahren Unendlichkeit‹ entgegensteht, die sowohl sich selbst als auch ihr Gegenteil, das Endliche, umfasst. Diese Paradoxie auf einen Begriff bringend, hat E. T. A. Hoffmann vom »unisonierenden Dualismus« gesprochen und danach gefragt, ob in »der Schmiede der gleichschwebenden Temperatur« die »Enharmonik nur ein kindisches Vexierspiel«[52] sei, wodurch die Ordnung im Dur-Moll-System nur mittels der enharmonischen Verwechslung von Tönen in der Notation[53] künstlich hergestellt worden ist.
Hat Schubert im Hauptthema ab Takt 45 noch sorgsam die Enharmonik der Töne b und ais entschärft, indem er die Sexte des g-Moll-Quartsextakkords über den Ton a im Quintsextakkord der Doppeldominante in den Ton ais führt, den er dann als hochalterierte sixte ajoutée in den Ton h des Tonikadreiklangs leitet, so ist derlei Eindeutigkeit in der Durchführung der zweiten Variation des Hauptthemas (T. 214–218) nicht mehr gegeben: Der Auflösungston der Septimendissonanz c–h muss ais lauten, doch nimmt er, wenn der Akkord in Takt 216 als Dominantseptimenakkord nach F-Dur weitergeführt wird, die Bedeutung von b an. Wie in einem letzten Akt der Auflösung und Reduktion des »Materials«[54] ist so der zweite Ton des chromatischen Halbtons h–b, der zu Beginn des Quartetts den Dur-Moll-Wechsel bewirkt hat, hier konsequent gelesen zu einem ›enharmonischen Halbton‹ (b–ais) geworden.
In der dreigliedrigen Akkordfolge (T. 219–221) ist die Harmonik vom Quartett-Beginn vollends ins Abwegige geraten: In den ihren Rahmen bildenden Dreiklängen von F-Dur und fis-Moll ist nicht mehr wie zu Beginn die Tonika, sondern sind zwei halbtonbenachbarte Dreiklänge in Dur und Moll aufgespalten. Zwischen diese beiden Dreiklänge schiebt Schubert einen Rätselakkord, dessen Weiterführung den Zieldreiklang auf einen doppelten Boden stellt, sodass nicht entschieden werden kann, ob der Dreiklang in Takt 121 nun, wie notiert, ein fis- oder doch ein ges-Moll-Dreiklang ist. War zu Beginn der Durchführung die Identität der Tonart verloren gegangen und ließ sich allein durch Schreibweisen-Enharmonik zum Schein noch bewahren, so ist, wenn in Takt 220 f. die Töne f–gis–cis mit dem auf cis zielenden Basston es der absteigenden Ganztonleiter zusammen erklingen, jeder Einzelton in sich gespalten, was sich nicht einmal mehr in der Notation kaschieren lässt. Als Resultat komponierter Abspaltungs-Arbeit bleibt im ›Kern der Durchführung‹ ein vom Sprachgebrauch suspendierter Stimmenverband übrig, in dem die Grundelemente der tönenden Gedankenführung – der Dur-Moll-Wechsel, der chromatische und diatonische Halbton und die Ganztonleiter – nur noch zusammengezwungen sind, aber keinen Zusammenhang mehr ergeben.
Mit Friedrich Schlegel gesprochen enthält dieser Kommentar bisher »die reinen und einfachen Elemente, in welchen man die gemischten Produkte der modernen Poesie erst analysieren muß, um ihr labyrinthisches Chaos völlig zu enträtseln«.[55] Doch gilt es, nach Schlegel, weniger, das Chaos – wozu auch die »irrationale[n] Stellen«[56] in einem Text zu rechnen sind, die auf es hindeuten – zu erkennen als es anzuerkennen,[57] und nach der Verbindung von »Symmetrie und Chaos«[58] zu suchen: Die Dur-Moll-Tonalität ist allein in Dur ein ›geschlossenes System‹, weil nur in ihr die Identität von Skala und Stufe der »Quintenkette«[59] gegeben ist, während in Moll schon durch die Einführung des Leittons im Akkord der Dominante aus dieser Ordnung ausgeschert wird. Während in der Quintfallsequenz einer Durtonart das ›tote‹ Intervall der verminderten Quinte zwischen der IV. und VII. Stufe verhindert, dass die Tonart verlassen wird (was bei einer realen Sequenz in reinen Quinten die unvermeidliche Folge wäre), rückt zudem in Moll die verminderte Quinte zwischen der VI. und der II. Stufe in den Rang eines ›motivischen‹ Intervalls.
In seinem letzten Quartett hat Schubert, so lautet die These, »Freyheit und Unendlichkeit, oder, um es auffallend auszudrücken, Systemlosigkeit, in ein System gebracht.«[60] Er lässt das wie selbstverständlich gegebene Ideal tonaler Geschlossenheit in die Realität ihrer ›schlechten Unendlichkeit‹ umschlagen – an ihren Rändern ausufernd und darum ins Grenzenlose führend.[61] In seiner musikalischen »Poesie der Poesie« erhebt Schubert im Akt der Komposition die Bedingungen des Komponierens[62] zum Gegenstand der Reflexion.[63]
Schubert komponiert dort ›kritisch‹, wo er die Grundlagen seines kompositorischen Denkens in Frage gestellt sieht, und dies so radikal, ›an die Wurzel‹ gehend, dass dieser Reflexionsakt schließlich in eine ›reine Leere‹ führt;[64] denn je weiter er die Sprache rationalisiert, desto irrationalere Produkte bringt er hervor. »Ewige Agilität kennzeichnet den Menschen der Moderne, der im Chaos lebt. Indem er sein chaotisches Dasein ins Bewußtsein hebt, indem er es als ein bewußtes lebt, verhält er sich ironisch zu ihm.«[65] Mit Schlegel gesprochen hat Schubert in seinem G-Dur-Quartett den »unauflöslichen Widerstreit des Unbedingten und des Bedingten«[66] auskomponiert und dasjenige Form annehmen lassen, was
Walter Benjamin als ›unendliche Reflexion‹ bezeichnet hat – eine Reflexion, bei der das Denken im Selbstbewußtsein unaufhaltsam über sich selbst reflektiert und in der Unendlichkeit seiner Potenzreihen zu immer höherer Selbsterfassung zu gelangen strebt. Die in dieser Reflexion erfahrenen Gegensätze und Widersprüche sollten nicht in einer Synthese aufgehoben werden, sondern den Stachel für die Bewegung des Geistes bilden, der sich in einem ›Schweben‹ zwischen den Antinomien und einem ständigen Wechsel zwischen den Antithesen entfaltet und reicher wird. In der kunstvollen Darstellung seiner selbst sollte dies grenzenlose Denken Einheit und Zusammenhang finden – in einer Darstellung freilich, die nicht in einem Wurf gelingt, sondern notwendigerweise fragmentarisch ansetzt und in immer größeren Kreisen über sich hinauswächst.[67]
Ironie und Witz
»Wenn sich […] für die Theorie der romantischen Reflexion und des Bewußtseins eine Affinität zum Chaotischen ergab, so muss sich solches auch für deren Kraftquelle, die Ironie, nachweisen lassen.«[68] Dass Schubert die kompositorische Reflexion seines letzten Quartetts in G-Dur vornimmt, der wohl harmlos-schlichtesten Tonart des Tonsystems,[69] gleicht dem Ausdruck »transzendentale[r] Buffonerie«, die »sich über alles Bedingte unendlich erhebt«.[70]
Und wie anders denn als Ausdruck einer »ars combinatoria« des romantischen Witzes[71] lässt es sich verstehen, wenn das heitere, pentatonische Phrasenmotiv der ersten Violine (T. 15 f.), das Rossini entlehnt sein könnte, den Kontrapunkt zu dem chromatischen Lamento-Bass bildet? Dessen Harmonisierung mit Dur-Dreiklängen lässt den Leidenstopos so indifferent werden, dass die durch Romantisierung gebildete Akkordfolge nicht allein wie das in »Geheimniß Stand« versetzte »Bekannte«[72] erklingt, sondern dabei in die Nähe der »Parodie« gerückt ist, die Schlegel als »poetische Ausprägungsform des ›Witzes‹ immer wieder in polarer Komplementarität zum romantischen Ironie-Begriff«[73] angesiedelt sah.
Der Dur-Moll-Wechsel
Introduktion
Erst am Ende der Abhandlung lässt sich unter dem Blickwinkel von Ironie und Witz die Frage danach zu beantworten versuchen, wie es sich verstehen lässt, dass Schubert sein G-Dur-Quartett mit einer Pathosformel eröffnet, in der er ein zartes Dur-Licht in ein dunkles Moll explodieren lässt, diese an den Anfang seines Quartetts gestellte Konfrontation der beiden Tongeschlechter aber keinesfalls zum Gegenstand des kompositorischen Diskurses erklärt.[74]
Die Heftigkeit dieses Anfangs gemahnt an Schillers Erörterungen zum »Gefühl des Erhabenen«, das zusammengesetzt ist »einerseits aus dem Gefühl unsrer Ohnmacht und Begrenzung, einen Gegenstand zu umfassen, andererseits aber aus dem Gefühl unsrer Übermacht, welche vor keinen Grenzen erschrickt und dasjenige sich geistig unterwirft, dem unsere sinnlichen Kräfte unterliegen.«[75]
Der Beginn der Reprise
Am Beginn der in Takt 278 einsetzenden Reprise kehrt Schubert den das Quartett eröffnenden Dur-Moll-Wechsel – dabei wie mit einem Weichzeichner vorgehend – wie im Nachhall auf das in den Anfangstakten so bedrohlich Hervortretende, in der dreigliedrigen Akkordfolge im Kern der Durchführung (T. 219–221) dann aber letztlich unbewältigt Gelassene, in den Moll-Dur-Wechsel im Pianissimo der Innenstimmen um und mildert noch die in Takt 3 f. folgenden heftigen Punktierungen zu Legato-Achteln (T. 280). Recht eigentlich gibt er in diesen Takten aber nur das, was in der Durchführung nicht zu verarbeiten war, ›wie in Spiegelschrift‹ notiert der potenzierten Reflexion zurück.[76] In diesem Reprisenbeginn schießt alles »Widersprüchliche«, woran Schuberts Denken »sich abgearbeitet hat, in der Figur des Witzes« zusammen.[77]
Die Coda
In der Coda richtet Schubert schließlich den Blick zurück. Er knüpft (ab T. 413) an den Beginn der Durchführung (ab T. 168) an und präpariert in die hier von g nach es abwärts geführte chromatisch figurierte Ganztonleiter nun den Großterzzirkel G–Es–Ces usf. heraus. In den letzten Takten der Coda (T. 436–444) ist Schubert an den Beginn des Quartetts angelangt, kehrt aber den direkt auf Takt 1–3 bezogenen Dur-Moll-Wechsel sofort in einen Moll-Dur-Wechsel um und wiederholt diesen Ausdruck reiner Indifferenz noch einmal, ohne, wie zu Beginn der Reprise, noch etwas anderes an dem Motiv aus Takt 1–3 zu ändern.[78] Am Schluss ist der Tongeschlechterwechsel zu einer ornamentierten Floskel geworden, die sich hin- und her wenden und ins Unendliche fortsetzen ließe und allein noch mit einer so konventionellen wie bestimmenden Schlussgeste aufzuhalten ist.
Schlusswort als Quintessenz dieser Abhandlung
Während Dahlhaus die Analyse ›in theoretischer‹ und der ›in ästhetischer Absicht‹ strikt voneinander trennte, ist in dieser Abhandlung zum Kopfsatz des Schubertschen G-Dur-Quartetts allein darum in zumindest freier Anwendung an Schleiermacher angeknüpft worden, weil dieser die ›grammatische‹ und die ›technisch-psychologische Interpretation‹ nicht als ein Entweder-Oder auffasste, sondern als die zwei Seiten ein- und desselben Verstehensaktes so eng miteinander vermittelte, dass sie stets gleichzeitig wirksam sind. Doch erst in den Worten Walter Benjamins gesprochen wird deutlich, dass mein Aufsatz keinen auf den ›Sachgehalt‹ ausgerichteten ›Kommentar‹ bildet, sondern eine ›Kritik‹, die den ›Wahrheitsgehalt‹ eines Kunstwerks sucht.
Mehr und mehr wird für jeden späteren Kritiker die Deutung des Auffallenden und Befremdenden, des Sachgehaltes, demnach zur Vorbedingung. Man darf ihn mit dem Paläographen vor einem Pergamente vergleichen, dessen verblichener Text überdeckt wird von den Zügen einer kräftigern Schrift, die auf ihn sich bezieht. Wie der Paläograph mit dem Lesen der letztern beginnen müßte, so der Kritiker mit dem Kommentieren. Und mit einem Schlag entspringt ihm daraus ein unschätzbares Kriterium seines Urteils: nun erst kann er die kritische Grundfrage stellen, ob der Schein des Wahrheitsgehaltes dem Sachgehalt, oder das Leben des Sachgehaltes dem Wahrheitsgehalt zu verdanken sei.[79]
Es hätte der Forschung doch auffallen müssen, dass die zu Beginn von Schuberts G-Dur-Quartett so heftig exponierte Dur-Moll-Polarität keinen instrumentalmusikalischen Formprozess begründet. Doch wie lässt sich die Vehemenz verstehen, mit der dieser Tongeschlechter-Wechsel am Anfang des Werkes zwar hervortritt, aber offenbar nur vorgibt, das Zentralthema des Satzes zu sein? Die im Tempo von dem Sonatensatz nicht abgesetzte Introduktion erinnert an einen »absolut-ersten, schlechthin unbedingten Grundsatz alles menschlichen Wissens […]. Beweisen, oder bestimmen läßt er sich nicht, wenn er absoluter Grundsatz sein soll«.[80] Es hat den Anschein, als beschwöre Schubert zu Beginn des Quartetts mit den beiden wie in einem Emanationsakt herausgeschleuderten Grundelementen der Dur-Moll-Tonalität eine felsenfeste Gewissheit, die etwas zeitlos Seiendes und darum schlechterdings Geltendes verkörpert, etwas, was unumstößlich als in sich geschlossen anzusehen ist. Doch das Pathos steht allein noch für den Anspruch auf schlechthinnige Gültigkeit der mit ihm behaupteten Geschlossenheit der Dur-Moll-Tonalität. Die komponierte Realität holt den Komponisten in dem Moment ein, da er sich in den Diskurs des Hauptthemas mit seinen Varianten begibt und in der Durchführung ins Uferlose sich verliert.
Während es Schubert in der Exposition des Hauptthemas mit dem »kombinatorischen Geist« seines ›Witzes‹, d. h. mit seinem »Vermögen, die Ähnlichkeiten zwischen Gegenständen aufzufinden, die sonst sehr unabhängig, verschieden und getrennt sind, und so das Mannigfaltigste, Verschiedenartigste zu Einheit zu verbinden«,[81] noch gelang, jener ›schlechten Unendlichkeit‹ zu entgehen, die durch regelmäßig additive Fortsetzung von Intervallfolgen in realen Sequenzen entsteht,[82] so führte ihn die systematische Anwendung solcher Verfahrensweisen, wie die symmetrische Teilung der Oktave in Ganztonschritte, in die Paradoxie, dass er, je konsequenter er verfuhr, desto heilloser sich verstrickte, bis er schließlich so in die ›Unverständlichkeit‹ geriet, dass er den Fortgang der Abhandlung abbrechen musste und das Gesagte bloß noch transponiert wiederholen konnte.[83]
Nach Schlegel lässt sich die »Begrenztheit eines jeden Systems« nur »durch eine Koppelung von Philosophie und Poesie« aufheben; weil es nur diese erlaubt, den offenen, progressiven Charakter der Philosophie zumindest annäherungsweise darzustellen.[84] »Ein φ[philosophisches] System hat mehr Aehnlichkeit mit einem π[poetischen] und Hist[orischen] System, als mit einem mathematischen, was man immer ausschließend für systematisch hielt.«[85]
Anmerkungen
Dieser Aufsatz ist im Andenken an meinen Lehrer Heinrich Poos geschrieben worden. Ich habe mit ihm in mehreren Seminarvorträgen in Berlin und Frankfurt 1992/93 über Schuberts Streichquartett G-Dur intensiv gesprochen. Diese Gespräche bilden den Keim dieser Untersuchung, die dann aber – ganz im Sinne meines Lehrers – eine Wendung in eine ganz andere Richtung genommen hat. | |
Schlegel 1967, 173. | |
Dahlhaus 2001a, 17. | |
Ebd. | |
Ebd. | |
Ebd., 15 f. | |
Dahlhaus 2003a, 678. Auf ähnliche Weise befand Adorno (1973, 244), dass das »wissenschaftliche Bewußtsein von Musik […] in blinde Technologie und kindisch-unverbindliche, poetisierende Auslegungen wie die Scheringschen Beethovens« auseinander fiele. | |
Bei ihm heißt es (Dahlhaus 2003b, 636): »Sofern sie über das Sammeln und die chronologische Verknüpfung von Fakten hinausreicht, ist die Musiktheorie eine hermeneutische Disziplin: ein Versuch, aus überlieferten Texten das Bewußtsein einer vergangenen Epoche zu erschließen.« | |
Schleiermacher 2012a, 39. | |
Dabei ist aber darauf hinzuweisen, dass Schleiermacher seine Hermeneutik vor allem zur Auslegung der Heiligen Schrift ausgearbeitet hat. Als Theologe wollte er das Neue des Neuen Testaments ergründen, statt es nur als Fortsetzung des Alten zu lesen. Darin liegt wohl der eigentliche Grund dafür, dass er sein Augenmerk auf das Individuelle eines Textes gelegt hat. Siehe dazu Danneberg 1998, 100–105. | |
Schleiermacher 2002, 637. | |
Weder Gunter Scholtz (1981) noch Siegfried Mauser (2016) [1996] noch Andreas Jacob (1999) sind in ihren Versuchen, Schleiermachers Hermeneutik auf das Verstehen von Musik anzuwenden, von einer Tonsprache ausgegangen. | |
Schleiermacher 2012b, 75. | |
Schleiermacher 2012c, 121. | |
Schleiermacher 2002, 619. | |
Schleiermacher 2012c, 120. | |
Schleiermacher 2002, 619. | |
Schleiermacher 2012b, 75. | |
Schubert komponierte sein letztes Quartett in den letzten zehn Tagen des Junis 1826. Uraufgeführt wurde es erst am 8. Dezember 1850 durch das Hellmesberger-Quartett im Wiener Musikverein. | |
Der punktierte Rhythmus der Motive in Takt 3 f. wird in der Hauptthemen-Phrase der Violine (T. 15 f.); der fallende Halbton der Oberstimme von Takt 11 f. ebenda transponiert vom Violoncello aufgegriffen. | |
»Das Abstrakte bei Hegel bedeutet […] nicht ganz dasselbe, was der Begriff ›Abstraktheit‹ in dem üblichen Denken bedeutet. Abstrakt ist nämlich bei Hegel nicht einfach das Allgemeine, sondern das Isolierte.« (Adorno 2010, 57) | |
Hinrichsen 2011, 86. | |
Danuser 2020, 33. | |
Siehe Dahlhaus 2003a, 680–682. | |
Diese Akkordfolge hat ihr Vorbild wahrscheinlich in dem Thema mit chromatischem Bass, über das Beethoven 1806 seine 32 Variationen in c-Moll (WoO 80) komponiert hat. Auch er lässt dem Durchgangs-Quartsextakkord (T. 6) keinen verminderten Septimenakkord über fis folgen, sondern den grundständigen Durdreiklang der Subdominante. | |
Bei Haydn und Beethoven festigte sich ein »Periodentypus, dessen Nachsatzbeginn durch eine emphatische, […] durch den ›schweren‹ sechsten Takt betonte Subdominante gekennzeichnet ist. Auf die Perioden-Peripetie antwortet die epilogische catastrophe: eine Kadenz festigt die scheinbar suspendierte neue Tonart.« Zu dieser grundlegenden, bis heute fast völlig unbekannten Auffassung der Periode, siehe Poos 2012, 279. | |
Dahlhaus 2003a, 684 f. | |
Ebd., 685. | |
Schleiermacher 2012c, 120. | |
Kirnberger 1771, 30. | |
Allein im 7-6-Vorhalt in der ersten Violine zum Bass in der Phrase (T. 16 bzw. T. 18) und im Durchgangs-Quartsextakkord über d (T. 20) erklingen Stimmführungs- bzw. Durchgangsdissonanzen. | |
Poos 2012, 276. | |
Während Bach den dem Sequenz-Modell entsprechenden es-Moll-Dreiklang durch den übermäßigen Sextakkord über dem Ton es ersetzt (T. 3), lässt Schubert anstelle der Akkorddissonanz über dem Basston es den Es-Dur-Dreiklang treten. | |
Dahlhaus 2003a, 682. | |
Ebd., 684. | |
Ebd., 682. | |
Schleiermacher 2012c, 120. | |
Im Vergleich zum Hauptthema verlegt Schubert die chromatische Tonleiter nun in die Viola; das variierte Phrasenmotiv wird vom Violoncello übernommen. | |
Ernst Kurth (1968, 266) verstand unter einer »absoluten Klangfortschreitung« Harmoniefolgen, die zwar in einen kadenzharmonischen Verlauf eingebunden sind, diesem aber doch, zentrifugalen Kräften vergleichbar, entgegenwirken und so »zu absoluter Bedeutung und Isolierung« hindrängen. | |
Bach hatte in der oben angeführten Variation das Modell und Sequenz voneinander trennende ›tote‹ Intervall zwar im Bass durch die Achtelpause zwischen den Tönen fis und f hervorgehoben, die Oberstimmen-Melodie aber so phrasiert, dass die der Fundamentschritt-Harmonik zuwiderlaufende Akkordverbindung des verminderten Septimenakkords über fis mit dem f-Moll-Dreiklang die Bedeutung eines harmonischen Motivs annimmt. | |
In der Kompositionsgeschichte finden sich für diese Fragmentarisierung dieses Akkords etliche Beispiele. Von einem solchen »Fragment des übermäßigen Quintsextakkords« spricht in der Forschungsliteratur meines Wissens lediglich Lothar Schmidt in seiner Besprechung von Beethovens Klaviertrios D-Dur »Geistertrio« und Es-Dur op. 70; siehe Schmidt 1994, 526. | |
Ist die Akkordfolge im Nachsatz der ersten Variation durch Stimmtausch verändert, so ist sie in der zweiten durch ein anagrammatisches Verfahren umgestaltet worden. | |
Dahlhaus (2003a, 678) bezeichnet diesen Abschnitt als die vierte Ausprägung des Hauptgedanken, als »Übergang«, und rechnet so motivisch noch zum ersten Thema, was in der harmonischen Form schon die Modulation bestreitet. | |
Diese im Vergleich zur Exposition um eine große Sexte höher transponierte Variante der ersten Variation (T. 24–33) ist mit einer neuen Oberstimme versehen worden. | |
Der bisher im Verlauf der Variationen ganz unberücksichtigt gebliebene Dur-Moll-Wechsel aus der ›Devise‹ findet im Tonarten-Verhältnis zwischen erster und zweiter Durchführungs-Variation, die in E-Dur bzw. e-Moll beginnen (T. 202 m. A. bzw. T. 210), wie durch die Hintertür Eingang in die Variationenfolge des Hauptthemas, ohne darum im Zentrum des Diskurses zu stehen. | |
In der von Es-Dur (T. 180–189) ausgehenden, über E-Dur/e-Moll (ab T. 201 bzw. 210) und F-Dur (ab T. 217 f.) nach fis-Moll (T. 223) führenden Tonartenfolge scheint die chromatisch absteigende Tonleiter, über die das Hauptthema komponiert ist, augmentiert und umgekehrt worden zu sein. | |
Ratz 1951, 33. | |
Angelehnt ist der gesamte Absatz an Szondi 1978, 267. | |
Adorno 2003, 162. Die Rede davon, dass das Denken »nicht vom Fleck« komme, geht auf eine Anmerkung zu Hegels »Theorie des Grundes« zurück; siehe Hegel 1986, 100. | |
»Ich sage ihnen vor Gott, als ein ehrlicher Mann, ihr Sohn ist der größte Componist, den ich von Person und dem Namen nach kenne; er hat Geschmack, und überdieß die größte Compositionswissenschaft.« (Leopold Mozart an Nannerl, Wien, 14./16. Februar 1785 (?), zitiert nach Finscher 1962, IX) | |
Schlegel 1967, 254 (Athenäums-Fragment Nr. 444). | |
Hoffmann 1992, 61. | |
»Das Tonsystem der Dur-Moll-Tonalität umfaßt, wenn man voraussetzt, daß das Wesen der Sache von der Notation, in der sie erscheint, ablesbar sei, 35 Stufen in der Oktave. Sie sind das Resultat des Verfahrens, jede der sieben diatonischen Stufen in der Grundform und in vier Varianten - in einfacher und doppelter Hoch- und Tiefalteration- zu exponieren, also c in cis und cisis, ces und ceses zu verwandeln. Den Schein der Selbstverständlichkeit und Logik verdankt aber die Notation bloßer Gewohnheit, denn sie ist sowohl nach materialen als auch nach funktionalen Kriterien fragwürdig. (Allerdings dürfen die Probleme einer materialen und funktionalen Bestimmung der Alterationen nicht mit den Schwierigkeiten verwechselt werden, die in der prinzipiellen Grenzenlosigkeit chromatisch-enharmonischer Systeme begründet sind: Töne wie hisisis und feseses sind, obwohl sie sich nicht notieren lassen, musikalisch real, wenn sie durch Modulationen erreicht werden; und für den Versuch, über den Sinn der 35stufigen Notation zu entscheiden, sind Spekulationen über eine Grenze des Modulierens, die nicht existiert, irrelevant.)« (Dahlhaus 2001b, 172) | |
Hier an dieser Stelle erscheint mir der oft unpassende Begriff Material dazu geeignet, den kompositorischen Sachverhalt zu treffen. | |
Schlegel 1979, 308. | |
Schlegel 1975b, 381. | |
»Das Verstehen des χα [Chaos] besteht im Anerkennen.« (Ebd., 227) | |
Schlegel 1981, 298. | |
Handschin 1948, 260. | |
Novalis 1983, 590. | |
Das Dilemma einer symmetrischen Teilung der Oktave, die niemals zu ihrem Anfang zurückführt, war schon Gegenstand der La Malinconia-Introduktion vor dem Allegretto quasi Allegro des Finales in Beethovens Streichquartett B-Dur, op. 18 Nr. 6. | |
»Schlegel fordert eine Dichtung, die mit dem Objekt auch sich selber mit dichtet, die auch sich selbst zum Gegenstand hat und in dieser inneren Spaltung in Subjekt und Objekt sich potenziert, Poesie der Poesie wird.« (Szondi 1954, 17) | |
Schlegel stellte »seine Überlegungen zur Musik in den Kontext einer gattungsüberschreitenden Poetik […], die sämtliche Künste und die Philosophie unter den gemeinsamen Gesichtspunkten der Selbstreflexion und der Darstellungstheorie zu integrieren sucht« (ebd., 12 f.). Die Instrumentalmusik wird als »Reflexionsform« aufgefasst, »die sich selbst ›poetisch kommentiert‹« (Naumann 2016). | |
Dazu grundsätzlich: Szondi 1954, 16–25. | |
Ebd., 24. Bei Schlegel (1975a, 263) heißt es: »Ironie ist klares Bewußtsein der ewigen Agilität, des unendlich vollen Chaos.« | |
Schlegel 1967, 368. | |
Behler 1978, 82. | |
Mathy 1984, 96. | |
Der Kopfsatz von Haydns Sonate in G-Dur, Hob. XVI: 40, ist mit Allegretto e innocente überschrieben. Das italienische Wort innocente lässt sich mit ›unschuldig‹ oder ›harmlos‹ übersetzen. | |
Schlegel 1967, 152. | |
Schlegel 1975b, 124: »Witz, ars combinat.[oria], Kritik, Erfindungskunst, ist alles einerlei.« | |
Novalis 1983, 590. | |
Bersier 1997, 10. Bei Schlegel (1981, 171) heißt es: »Ironie und Parodie s[in]d die absoluten Witzarten; der erste der ideale, der zweite d.[er] reale.« | |
In der Exposition ist der Dur-Moll-Wechsel nur wie beiläufig in die Motivik eingestreut; denn weder in Takt 54 f. noch in Takt 66 ist von einer an thematischer Arbeit orientierten kompositorischen Entfaltung der ›Devise‹ zu sprechen. Auch wenn Schubert im Schlusssatz der Exposition (T. 154–168) die Tonart der Oberquinte festigt, die er zunächst bis Takt 160 als d-Moll, dann als D-Dur ausgelegt hat, ist dies mehr als Reflex auf die Labilität der Tonart der Oberquinte im Vergleich zur Stabilität der Grundtonart zu hören, die schon viele Sonatensätze Haydns charakterisiert. | |
Schiller 1962, 137. | |
Nach Hermann Danuser (2020, 34) »verlockt« der Beginn der Reprise »nachgerade zu dialektischen Gedanken […]. Offenkundig betrachtet Schubert die Dur-Moll-Tonalität als ein ›demokratisches‹ System, das auch einen Machtwechsel, die Umkehrung der Richtung, mit vollkommener Logik etablieren kann.« | |
Mathy 1984, 97. | |
Nach Danuser (2020, 35) »offenbart sich« in diesen Takten »die besondere Physiognomie dieses Kopfsatzes, denn in Fortsetzung der dialektischen Umkehrung der motivischen Geschlechtsbildung findet jetzt eine Synthesis statt.« Mit Adorno (2010, 82) gesprochen tut Danuser so, als hätte Schubert am Schluss des Kopfsatzes »gewissermaßen den Rahm von den beiden einander entgegengesetzten Sätzen [den zu Beginn der Introduktion und den zu Beginn der Reprise] ab[ge]schöpft und daraus die Synthese [ge]macht.« | |
Benjamin 1974, 125. | |
Fichte 1988, 11. | |
Schlegel 1964, 403. | |
Im Nachsatz des Themas bewahrte ihn davor die Fragmentierung des Akkordes der alterierten Doppeldominante zum Es-Dur-Dreiklang; in der zweiten Variation die enharmonische Umdeutung der alterierten Doppeldominante in den Akkord der hochalterierten sixte ajoutée. | |
Die Takte 234–255 sind die Unterquinttransposition der Takte 210–231. | |
Stadler 1990, 64. | |
Schlegel 1975b, 84. |
Literatur
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Adorno, Theodor W. (2003), »Mahler. Eine musikalische Physiognomik« [1971], in: ders., Die musikalischen Monographien (= Gesammelte Schriften, Bd. 13), hg. von Rolf Tiedemann unter Mitwirkung von Gretel Adorno, Susan Buck-Morss und Klaus Schultz, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 149–319.
Adorno, Theodor W. (2010), Einführung in die Dialektik [1958], hg. von Christoph Ziermann (= Nachgelassene Schriften, Abt. IV, Bd. 2), Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
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Benjamin, Walter (1974): »Goethes Wahlverwandtschaften« [1921/22], in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. I,1 hg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 125–201.
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Dahlhaus, Carl (2001b), »Untersuchungen über die Entstehung der harmonischen Tonalität« [1967], in: ders., Alte Musik. Musiktheorie bis zum 17. Jahrhundert – 18. Jahrhundert (= Gesammelte Schriften, Bd. 3), hg. von Hermann Danuser in Verbindung mit Hans-Joachim Hinrichsen und Tobias Plebuch, Laaber: Laaber, 11–307.
Dahlhaus, Carl (2003a), »Die Sonatenform bei Schubert. Der erste Satz des G-Dur-Quartetts D 887« [1978], in: ders., 19. Jahrhundert III. Ludwig van Beethoven – Aufsätze zur Ideen- und Kompositionsgeschichte – Texte zur Instrumentalmusik (= Gesammelte Schriften, Bd. 6), hg. von Hermann Danuser in Verbindung mit Hans-Joachim Hinrichsen und Tobias Plebuch, Laaber: Laaber, 678–686.
Dahlhaus, Carl (2003b), »Klassische und Romantische Musikästhetik« [1988], in: ders., 19. Jahrhundert II. Theorie / Ästhetik / Geschichte: Monographien (= Gesammelte Schriften, Bd. 5), hg. von Hermann Danuser in Verbindung mit Hans-Joachim Hinrichsen und Tobias Plebuch, Laaber: Laaber, 393–850.
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